"Brot für die Welt" ruft zum Kampf gegen Mangelernährung auf. Unter dem Motto "Satt ist nicht genug!" startet das evangelische Hilfswerk am ersten Advent in Hannover seine 57. Spendenaktion. Zwei Milliarden Menschen auf der Welt litten an Mangelernährung, sagte Präsidentin Cornelia Füllkrug-Weitzel am Mittwoch vor Medienvertretern. Die Betroffenen nähmen lediglich Sättigungsmahlzeiten und zu wenig Vitamine und Nährstoffe zu sich.
"Wir sind noch weit entfernt von der Welt, die Gott gewollt hat"
"Einseitige Ernährung ohne Gemüse, Obst und tierische Nahrungsmittel führt auf längere Sicht zu bleibenden gesundheitlichen Schäden", mahnte Füllkrug-Weitzel. Kinder könnten diesen Rückstand nie mehr ganz aufholen. Mangelernährung sei auch eine Fluchtursache. "Wer jammert, nicht immer mehr Flüchtlinge hier satt machen zu können, sollte alles daran setzen, dass sie in ihrer Heimat genug Chancen haben, sich ausreichend und gut zu ernähren." Die kirchliche Hilfsorganisation fördere deshalb den Erhalt und die Wiederbelebung traditioneller und nährstoffreicher Kulturpflanzen.
Die Spendenaktion von "Brot für die Welt" wird mit einem Gottesdienst am 29. November in der Marktkirche in Hannover eröffnet. Die Predigt hält der hannoversche Landesbischof Ralf Meister. "Wir sind noch weit entfernt von der Welt, die Gott gewollt hat", unterstrich der Bischof: "Von einer Welt, in der Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität herrscht." Daran erinnere die Eröffnung der Aktion jedes Jahr in der Adventszeit.
Kritik an international agierenden Agrarkonzernen wie Monsanto
Projektpartnerin der neuen Spendenkampagne ist die indische Wissenschaftlerin und Umweltaktivistin Vandana Shiva, Trägerin des alternativen Nobelpreises. Sie wird ebenso wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zu dem Gottesdienst erwartet, den die ARD live überträgt. Shiva hat in Nordindien vor drei Jahrzehnten begonnen, traditionelles Saatgut zu sammeln und mit anderen zu teilen. Es ist ein Projekt, das Schule machte.
Kleinbauern bräuchten freien Zugang zu traditionellem Saatgut, sagte Füllkrug-Weitzel. Dem stünden aber die Interessen großer international agierender Agrarkonzerne wie Monsanto, Dupont und Syngenta entgegen, kritisierte sie. "Die internationale Agrarindustrie versucht seit längerem und zunehmend erfolgreich, den Saatgutmarkt zu kommerzialisieren." Damit wäre die Vielfalt der lokalen und regionalen Saaten bedroht.
"Brot für die Welt" bemüht sich nach den Worten des niedersächsischen Diakonie-Chefs Christoph Künkel darum, Menschen für die weltweiten Zusammenhänge zu sensibilisieren. Mit der aktuellen Aktion sollten dabei in Deutschland die Kindertagesstätten einbezogen werden. "Gesunde Ernährung ist ein Menschenrecht", betonte der Vorstandssprecher der Diakonie. "Das gilt natürlich auch hier bei uns." Deutschlandweit besuchten 1,8 Millionen Kinder eine Tagesstätte. Auch von ihnen seien manche mangelernährt. Den Kindern zu vermitteln, dass Essen mehr sein könne als Spaghetti und Hamburger, habe auch eine globale Auswirkung, etwa wenn damit der Fleischverzehr in den Kitas zurückgehe.
"Brot für die Welt" wird getragen von evangelischen Landes- und Freikirchen und ist im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung in Berlin angesiedelt. Seit 1959 bittet die Aktion in jedem Jahr zu Beginn der Adventszeit um Spenden für Hilfsprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika. Traditionell ist die Weihnachtskollekte in evangelischen Gemeinden für "Brot für die Welt" bestimmt.