"Wir können uns in Europa nicht abschotten. Wir können aber auch nicht alle Menschen aus Krisengebieten und alle Armutsflüchtlinge, die nach Europa und nach Deutschland möchten, aufnehmen", sagte de Maizière dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Der richtige Weg wäre, dass wir uns in der EU zu festen großzügigen Kontingenten für die Aufnahme von Flüchtlingen verpflichten. Damit gäbe es einen legalen Weg der Zuwanderung nach Europa." So werde zugleich sichergestellt, dass Europa nur so viele Flüchtlinge aufnehme, wie es auf Dauer auch verkraften könne.
Das geltende deutsche Asylrecht will der Innenminister zwar beibehalten. De facto würde es aber bei einer europaweiten Regelung an Bedeutung verlieren. "Wenn wir bestimmte Politikfelder auf die europäische Ebene heben wollen, müssen wir einen Teil deutscher Souveränität aufgeben", sagte er dem "Spiegel". Er betonte zugleich, dass das Grundrecht auf Asyl dabei "selbstverständlich unangetastet" bleibe.
Wenn die Kontingente ausgeschöpft sind, will de Maizière politisch Verfolgte in ihre Heimatregionen zurückschicken. Man müsse dann sicherstellen, dass sie in der Region, aus der sie kommen, sicher und ohne Verfolgung leben könnten. Europa brauche starke Außengrenzen, sagte der Minister. Flüchtlinge, die zum Beispiel über das Mittelmeer illegal in die EU einreisen wollten, sollten "an einen sicheren Ort in Afrika" gebracht werden. Sonst mache eine Kontingentlösung wenig Sinn.
Kauder: Flüchtlinge sind eine der größten Herausforderungen
Der Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), hat angesichts des großen Flüchtlingszustroms einen gesellschaftlichen Kraftakt beschworen. "Die Flüchtlingsbewegung ist eine der größten nationalen Herausforderungen für unser Land", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Focus". Er fügte hinzu: "Ja, wir schaffen das. Aber wir brauchen einen langen Atem." Kauder setzt dabei auf "einen breiten gesellschaftlichen Konsens".
Zugleich sprach sich der CDU-Politiker für Leistungskürzungen bei abgelehnten Asylbewerbern aus. "Wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts wurden die erheblich erhöht", sagte Kauder. "Das ist für viele ein Anreiz, zu uns zu kommen." Für abgelehnte Bewerber, deren Rückführung anstehe, müsse der Satz gesenkt werden, forderte der Fraktionsvorsitzende.
Kauder beklagte zugleich die ungerechte Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union: "Es muss dringend zu einer gerechten Verteilung in Europa kommen." Zugleich räumte er ein, dass die Staaten an den Außengrenzen von anderen EU-Ländern nicht genug unterstützt wurden. "Als man gesehen hat, dass es nicht um ein paar tausend Menschen geht, hätte man Italien, Griechenland oder Ungarn besser helfen müssen", sagte Kauder. "Da hat Europa versagt."