Mehrere Hundert Menschen unterschiedlichen Glaubens haben nach Veranstalterangaben am Freitag an der ersten interreligiösen Wallfahrt im niederrheinischen Wallfahrtsort Kevelaer teilgenommen. Auf den Stufen zur Basilika beteten am Nachmittag Christen, Juden, Muslime, Hindus und Jesiden jeweils nach ihren Riten. Neben Gebeten wurden auch Friedenslieder angestimmt und kurze Reden zum Thema Frieden gehalten.
Der Mitorganisator und Friedensaktivist Rubert Neudeck hob die Verantwortung jedes Einzelnen hervor: "Wir dürfen nicht auf die Politiker warten, um den Traum vom Frieden wirklich werden zu lassen", sagte der Gründer des Hilfswerkes Cap-Anamur und Vorsitzende des Friedenscorps "Grünhelme". Er fügte hinzu: "Wir wollen, dass der Weltfrieden ausbricht."
Nach seinen Worten sind vor allem die drei abrahamitischen Weltreligionen gefordert. "Wir, die wir an den einen Gott glauben, müssen erkennen, dass wir etwas dafür tun müssen, wenn wir den Frieden wollen." Nach Angaben von Wallfahrtsrektor Rolf Lohmann waren die Christen die größte Gruppe der Teilnehmer bei der interreligiösen Wallfahrt. Die Wallfahrtsleitung hatte bis zu 1.000 Teilnehmer erwartet.
Kevelaer ist wegen Marienerscheinungen in den Jahren 1641/1642 Wallfahrtsort, der von etwa einer Million Pilger jährlich besucht wird. Alle Teilnehmer der Friedenswallfahrt entzündeten auf dem Kapellenplatz Lichter. Anschließend wurde das Licht in einer neuen Friedenslicht-Stele entzündet. "Wir wollen für den Frieden brennen", sagte Lohmann. Am frühen Abend wollten die Teilnehmer aller beteiligten Religionen gemeinsam eine Friedensresolution sprechen.
Protestanten nahmen offiziell nicht an der interreligiösen Wallfahrt teil. Weder die Rheinische Landeskirche noch der Evangelische Kirchenkreis Kleve waren zur Vorbereitung der Wallfahrt eingeladen worden. Das Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde Kevelaer hatte sich gegen eine Teilnahme ausgesprochen.
Die unterschiedlichen Religionsgruppen waren aus verschiedenen Richtungen zu Fuß nach Kevelaer gezogen. Der 28. August war als Termin für die interreligiöse Wallfahrt gewählt worden, weil der amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King an diesem Tag 1963 seine berühmte "I have a dream"-Rede gehalten hatte.