Die Akzeptanz des Rechtsstaates und der sozialen Demokratie lasse sehr zu wünschen übrig, sagte Wolff am Dienstag im Deutschlandradio Kultur: "Das, was wir jetzt mit Erschrecken sehen, Tag für Tag, das ist keine Eintagsfliege - das ist die Folge von langjährigem Versagen auf vielen Ebenen." Dass Rechtsradikale Sachsen über zwei Jahrzehnte zum Aufmarschgebiet erklärt hätten, sei nicht zur Kenntnis genommen oder verniedlicht worden.
Jetzt müssten sich alle gesellschaftlichen Kräfte fragen, wie dem gegenzusteuern sei, sagte Wolff. Mit "straffen Parolen", wie sie Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) am Montag in Heidenau geäußert habe, sei es nicht getan. Gabriel hatte harte Konsequenzen bis hin zu Gefängnisstrafen für die an Krawallen Beteiligten gefordert. Es gehe aber nicht darum, Leute wegzusperren, sondern darum, "dass wir rechtes Gedankengut offen debattieren und offenlegen, was sich eigentlich dahinter verbirgt und welche gefährlichen Folgen das hat", sagte Wolff.
"Klarheit in der Gegenposition"
Vor allem müsse für eine "Klarheit in der Gegenposition" gesorgt werden, sagte Wolff: "Das war ja das Fatale in dem ersten halben Jahr: dass 'Pegida'-Parolen als Sorgen und Ängste der Menschen aufgefasst wurden und sozusagen salonfähig gemacht wurden. Die Folge sehen wir jetzt. All das, was jetzt gesagt wird von Regierungsvertretern oder führenden Persönlichkeiten der Parteien - das hätte vor einem halben Jahr gesagt werden müssen."
Von den Kultusministern forderte Wolff ein Umsteuern in der Bildungspolitik. Nicht nur in Schulen, sondern auch an Universitäten mangele es an Demokratiebildung. "In Sachsen sind die Universitäten sozusagen demokratiefreie Zonen", sagte Wolff. Es finde viel zu wenig der "offene, demokratische, streitige Diskurs" statt. Ein Umsteuern geht nach Überzeugung des früheren Pfarrers schnell: "Nirgendwo hat man so schnell Erfolg wie im Erziehungsbereich, wenn man es anders macht - und zwar ab heute."