Guterres sagte der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "Die Welt" (Dienstagsausgabe): "Wir müssen die Verantwortung auf mehr Schultern in Europa verteilen. Es ist langfristig nicht tragbar, dass nur zwei EU-Länder - Deutschland und Schweden - mit leistungsfähigen Asylstrukturen die Mehrheit der Flüchtlinge aufnehmen."
Die Bundesregierung will am Mittwoch eine neue Prognose veröffentlichen über die Zahl der Flüchtlinge, die in diesem Jahr nach Deutschland kommen. Sie werde deutlich höher liegen als die bisher prognostizierten 450.000 Asylanträge, hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) angekündigt.
Nach Angaben des UN-Kommissars Guterres sind seit Jahresbeginn allein rund 240.000 Migranten und Asylsuchende über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Guterres sagte: "Die meisten Menschen, die in Booten kommen, flüchten vor Konflikten und Verfolgung. Alle Staaten in Europa haben die moralische Pflicht, sie willkommen zu heißen, und sie haben die eindeutige gesetzliche Verpflichtung, sie zu schützen."
Der frühere portugiesische Ministerpräsident sagte weiter, solange die internationale Gemeinschaft keine politische Lösung für bestehende Krisen finde und es nicht gelinge, neue Konflikte zu verhindern, müsse man sich mit den "dramatischen humanitären Konsequenzen" beschäftigen. "Im vergangenen Jahr flohen mehr Menschen als jemals zuvor seit Beginn unserer Aufzeichnungen. Mehr als 60 Millionen weltweit haben ihre Heimat verloren. Wir können Menschen, die flüchten, um ihr Leben zu retten, nicht abschrecken. Sie werden kommen, und wahrscheinlich werden es noch mehr werden."