"30 bis 40 Prozent der Asylbewerber kommen aus den Ländern des westlichen Balkan. Diese Lage ist so nicht haltbar", sagte Steinmeier der "Bild am Sonntag". Die Staaten des Westbalkan seien "auf dem Weg nach Europa, und als solche müssen wir sie auch behandeln".
"Albanien, Mazedonien und Kosovo suchen kraft eigener Entscheidung die Annäherung an die EU und können schon deshalb nicht gleichzeitig als Verfolgerstaaten behandelt werden", sagte der Außenminister. Ihre Anerkennung als sichere Herkunftsstaaten könnte Entlastung bringen. Da es für diese Gruppe von Flüchtlingen keine Chance auf Anerkennung des Asyls gebe, müssten die Entscheidungen deutlich schneller fallen und auch tatsächlich Abschiebungen stattfinden.
Steinmeier forderte zugleich eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union: "So wie es ist, kann es nicht bleiben. Das hat mit europäischer Solidarität nichts zu tun. Wir brauchen Verteilungsquoten in Europa, die zu mehr Gerechtigkeit führen." Am wichtigsten sei es aber, Anreize für die Menschen zu schaffen, in ihren Ländern zu bleiben und gar nicht erst zu fliehen. Europa müsse sich auch wirtschaftlich mehr in den wichtigsten Herkunftsstaaten der Flüchtlingsströme engagieren.
Bundesamts-Chef fordert Gutscheine statt Geld für Balkan-Asylbewerber
Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, fordert Einschränkungen bei der Versorgung von Asylbewerbern vom Balkan. Das Sachleistungs-Prinzip müsse bei ihnen "so konsequent wie möglich" angewendet werden, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Bisher bekommen Asylbewerber in den Erstaufnahme-Einrichtungen ein Taschengeld von 143 Euro im Monat. Essen wird gestellt. Wenn Asylbewerber in die Kommunen geschickt werden, erhalten ein Haushaltsvorstand und Angehörige zusätzliche finanzielle Unterstützung. Dieses Geld ist gedacht für Nahrung, Kleidung und Hygieneartikel, wird aber oft gespart. "Hier könnte man daran denken, diese Beträge zum Teil durch Sachleistungen zu ersetzen, etwa durch Fahrkarten und Gutscheine", sagte Schmidt.
Schmidt will erreichen, dass Deutschland weniger attraktiv für Personen wird, die aus wirtschaftlichen Gründen ins Land kommen und zu 99 Prozent nicht als Asylanten anerkannt werden. "Das ist nötig, damit wir Platz haben für die wirklich Schutzbedürftigen", sagte er. Der Präsident des Bundesamts konkretisierte damit eine Forderung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Er hatte diese Woche angeregt, die Geldleistungen für Asylbewerber zu überprüfen.
Der Bundesamts-Chef hält es für rechtlich möglich, Antragsteller vom Balkan anders zu behandeln als solche aus Syrien. Denn das Asylbewerberleistungsgesetz sieht vor, dass demjenigen, der nur einreist, um Geld zu bekommen, die Leistungen gekürzt werden können. Bisher habe es bei Bewerbern vom Balkan einen Drehtüreffekt gegeben, erklärte Schmidt: "Viele, die ausreisten, kamen nach kurzer Zeit wieder. Denn mit dem Geld von einem drei- oder viermonatigen Aufenthalt in Deutschland ließ sich das Leben im Herkunftsland neun oder zehn Monate lang bestreiten."
Gysi: Leistungskürzungen für Asylbewerber sind Schikane
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi hat den Vorschlag von Innenminister Thomas de Maiziere (CDU), die Leistungen für Asylbewerber zu überprüfen, scharf kritisiert. Es sei eine Illusion, zu glauben, dadurch den Zustrom von Flüchtlingen begrenzen zu können, sagte Gysi im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. Es sei rechtlich nicht möglich, die Leistungen für einzelne Gruppen, etwa Flüchtlinge vom Balkan, zu kürzen.
"Da wird das Bundesverfassungsgericht immer sagen: Vor dem Gesetz sind alle gleich... Also wird es aufgehoben werden", sagte Gysi. Er forderte eine Bekämpfung der Fluchtursachen. Mit "solchen Schikanen und Drangsalierungs-Maßnahmen" werde man das Problem mit Sicherheit nicht lösen, sagte Gysi.
De Maizière hatte angeregt, Unterstützung wieder vorrangig in Form von Sachleistungen auszugeben. Die Karlsruher Richter hatten die früheren Asylbewerberleistungen, die bis zu 40 Prozent unter Hartz-IV-Niveau lagen, als Verstoß gegen ein menschenwürdiges Existenzminimum verurteilt. Seit März gilt daher das neue Asylbewerberleistungsgesetz, nach dem alleinstehende Asylbewerber 359 Euro im Monat bekommen. Zugleich erhielten Geldleistungen einen Vorrang vor Sachleistungen.