Unter dem Titel "Am 8. Tag schuf Gott die Cloud" erfahren Besucher der Schau, wie massenhaft produzierte Flugschriften die Ideen der Reformation bekanntmachten und Luther gezielt zu einem frühen Medienstar aufgebaut wurde. Dabei ziehen die Kuratoren der Ausstellung immer wieder Parallelen zwischen der damals revolutionären Erfindung des Buchdrucks und den virtuellen Medien der Gegenwart.
"Luther hat schnell erkannt, dass der Buchdruck genau die moderne Technologie ist, die er zur Verbreitung seiner Thesen brauchte", sagte Museumsdirektorin Annette Ludwig bei einer Presseführung am Montagabend. So wie in den sozialen Netzwerken von heute habe er aber schon bald keine Kontrolle mehr über die lawinenartige Ausbreitung seiner Ideen gehabt.
Ausführlich stellt die Sonderschau dar, wie sich im 16. Jahrhundert Anhänger und Gegner der Reformation gegenseitig verunglimpften. Zu sehen sind ein Druck, der den Reformator als siebenköpfigen Antichristen und Mörder darstellt und Illustrationen zur Kampfschrift "Von dem Papstesel zu Rom", die das katholische Kirchenoberhaupt als schuppiges Monster mit Eselskopf zeigen. Auch Exemplare von Luthers antijüdischen Hetztexten werden ausgestellt.
Die Ausstellung im Mainzer Gutenbergmuseum geht auch darauf ein, wie die Obrigkeit versuchte, die massenhafte Verbreitung von Flugschriften unter Kontrolle zu bringen. So ist eine "Policey Ordnung" von 1578 zu sehen, die unter anderem eine Impressumspflicht vorschreibt. Auch gedruckte Ablass-Formulare, die den konkreten Anlass für die Reformation bildeten und frühe deutsche Bibelübersetzungen aus der Zeit vor Martin Luther (1483-1546) sind zu sehen.
Ergänzt wird die bis Ende Februar 2016 gezeigte Ausstellung von drei aufeinanderfolgenden Sonderschauen, die Einzelaspekte zur Bilderwelt der Lutherbibel darlegen. Die erste dieser Sonderausstellungen widmet sich dem Thema Kleidung und Nacktheit.