"Fasten ist mehr als eine Schlankheitskur"

Datteln und Apfel auf Tellern
epd-bild/Peter Jülich/Hanno Gutmann
Beim muslimischen Fastenbrechen (Iftar) wird traditionell als erstes eine Dattel gegessen. Bei Christen steht ein Verzicht auf Süßes oder Alkohol oft im Vordergrund der Fastenzeit. Beiden Religionen geht es um eine Annäherung an Gott.
Ramadan und Fastenzeit
"Fasten ist mehr als eine Schlankheitskur"
Den ganzen Tag nichts essen und trinken: Für viele Muslime weltweit beginnt in der Nacht zum 1. März der Fastenmonat Ramadan. Auch Christen fasten ab Aschermittwoch. Im Interview erklärt Friedmann Eißler, Islambeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Gemeinsamkeiten und Unterschiede beim Fasten.

Herr Eißler, bald beginnt für Muslime der Fastenmonat Ramadan. Was hat es mit dem Monat genau auf sich?

Friedmann Eißler: Der Fastenmonat ist der neunte Monat im islamischen Mondkalender und gehört für Muslime neben dem Glaubensbekenntnis, den täglichen Gebeten, der Armensteuer und der Pilgerfahrt nach Mekka zu den sogenannten "fünf Säulen des Islams", den Grundpflichten für Muslime. Von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang sollen sie in dieser Zeit nichts essen und trinken.

Höhepunkt ist im letzten Drittel des Fastenmonats die "Lailat al-Qadr", die "Nacht der Bestimmung", in der nach der islamischen Überlieferung dem Propheten Mohammed erstmals Verse des Korans offenbart wurden. Viele Muslime beten dann die ganze Nacht durch, da sie auf Vergebung ihrer Sünden hoffen. An den Ramadan schließt sich das Fest des Fastenbrechens an, das im Türkischen auch "Zuckerfest" genannt wird, weil die Kinder Süßigkeiten und andere Dinge geschenkt bekommen.

Das Fasten gibt es auch in anderen Religionen, auch im Christentum. Wie sieht christliches Fasten aus?

Eißler: In der Passionszeit, die am Aschermittwoch beginnt, fasten viele Christen. In der siebenwöchigen Zeit vor Ostern erinnern sich Christen an das Leiden und Sterben von Jesus Christus. In Teilen der Christenheit, etwa bei den Orthodoxen, gibt es viele und auch strenge Fastenregeln. Bei Protestanten und Katholiken hierzulande ist es aber so, dass sie selbst entscheiden, ob und wie sie fasten. Viele verzichten in dieser Zeit auf Süßigkeiten, Alkohol oder Fleisch. Oder sind zum Beispiel weniger in den sozialen Medien unterwegs, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Was sind aus Ihrer Sicht Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Ramadan und dem Fasten in der Passionszeit?

Eißler: In beiden Religionen geht es nicht darum, beim Fasten eine Diät oder Schlankheitskur zu machen. Es geht um mehr. Etwa darum, sich neu bewusst zu werden, dass wir Geschöpfe Gottes sind und alles von ihm empfangen. Es geht um den Wunsch, Gott näherzukommen, durch Gebet und mehr Zeit für ihn.

Friedemann Eißler ist Islambeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg

Ein Unterschied ist, dass Fasten für die meisten Christen keine religiöse Pflicht ist und man auch trinken darf während des Fastens. Fasten dient mehr der Umkehr zu Gott und der Einkehr, man konzentriert sich auf das Wesentliche. Außerdem spielt im Islam die Gemeinschaft eine noch größere Rolle - beim gemeinsamen Fastenbrechen und bei den Gebeten in der Moschee. Im Christentum ist das Fasten eher etwas Persönliches.