Das hat das Bundessozialgericht (BSG) am Donnerstag in Kassel im Fall einer Witwe entschieden, die als Betreuerin gemäß dem Wunsch ihres Mannes bei ihm passive Sterbehilfe geleistet hat. (AZ: B 2 U 18/13 R)
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Der Mann, selbst ein Berufsbetreuer, der sich auch um Wachkomapatienten kümmerte, war im September 2006 auf dem Arbeitsweg mit dem Fahrrad verunglückt. Wegen eines dabei erlittenen Schädelhirntraumas fiel er ins Wachkoma. Eine Besserung seines Zustandes war auch im Pflegeheim nicht ersichtlich. Seiner Frau und seinen Söhnen hatte er vor seinem Unfall noch erklärt, dass er lebensverlängernde Maßnahmen ablehne. Die Ehefrau hatte in Absprache mit der Heimleitung im Juli 2010 die Magensonde für die künstliche Ernährung durchtrennt, so dass der Mann starb.
Die Unfallkasse Berlin verweigerte daraufhin die Zahlung von Sterbegeld und einer Witwenrente. Der Tod sei nicht durch den Unfall, sondern durch die Unterbrechung der künstlichen Ernährung hervorgerufen worden. Auch als Wachkomapatient sei man nicht "todgeweiht".
Das BSG gab jedoch der Witwe recht. Es habe ein Arbeitsunfall vorgelegen. Der Wegeunfall und die dabei erlittene Verletzung seien wesentliche "Wirkursache" für den Tod gewesen. Die Klägerin sei zudem als Betreuerin ihres Mannes verpflichtet gewesen, dessen Willen umzusetzen. Werde der Patientenwille nicht befolgt, verstoße dies gegen die Menschenwürde.
Zwar habe die Frau damit auch den Tod ihres Mannes "vorsätzlich" herbeigeführt, so dass nach dem Gesetz eigentlich ein Leistungsanspruch ausgeschlossen ist. Die sozialrechtlichen Regelungen müssten hier aber verfassungskonform ausgelegt werden. Danach dürfe bei einem straffreien Behandlungsabbruch und dem Befolgen des Patientenwillens die Witwe keine sozialversicherungsrechtlichen Nachteile erleiden. Ihr stünden daher die Witwenrente und das Sterbegeld zu.