Aufmerksam durch die Welt zu gehen und Fragen zu stellen, kann manchmal wirklich nette Geschichten zum Vorschein bringen. So erzählten mir vor kurzem Bekannte, sie seien in dem kleinen Örtchen Egenhausen (ein Ortsteil von Werneck) auf einen noch kleineren und nicht mal auf Google Maps verzeichneten „Euerbacher Weg“ gestoßen. Nun muss man wissen, dass Euerbach immerhin 10 Kilometer entfernt und irgendwie so gar nicht mit Egenhausen verbunden ist. Besagte Bekannte fragten nach, wie es zu diesem Straßennamen kam, und erhielten eine erstaunliche Antwort:
Wir befinden uns im Jahre 1700 n.Chr. (oder so.) Ganz Unterfranken ist von den Katholiken besetzt. Ganz Unterfranken? Nein! Ein von unbeugsamen Protestanten bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und dieses Dorf – neben der freien Reichsstadt Schweinfurt und den freien Reichsdörfern Gochsheim und Sennfeld – heißt Euerbach.
Diese Euerbacher Protestanten hatten eine für die armen Katholiken aus Egenhausen ganz außergewöhnliche Errungenschaft. Man stelle sich vor: Bei denen gab's Wein für alle beim Abendmahl! So begab es sich, geht die Sage, dass die ganze Gemeinde Egenhausen – vermutlich einmal abgesehen vom katholischen Pfarrer – zum Protestantismus übertrat und regelmäßig auf dem Euerbacher Weg nach Euerbach zur Kirche ging.
####LINKS####Ob das eine Missionsstrategie für die Gegenwart sein könnte? Einfach mal ein wenig unsere Alleinstellungsmerkmale hervorheben? Ach, so einfach ist das nicht mehr. Da gibt es katholische Gemeinden, die tatsächlich Wein verteilen. Und bei evangelischen ist das mit dem Wein gar nicht mehr so sicher – manchmal ist es nur völlig antialkoholischer, braver Traubensaft. Und außerdem kann man sich Wein für wenig Geld heute überall kaufen, wohingegen der Gottesdienstbesuch lange nicht mehr so attraktiv oder wahlweise auch nur verpflichtend erscheint wie dazumal.
Was waren die Zeiten doch früher einfach und klar strukturiert. Aber vielleicht sollten wir uns, ähnlich wie damals die Euerbacher Protestanten, auf unsere „Alleinstellungsmerkmale“ besinnen? Eventuell diesmal mit den gar nicht mehr so verhassten Katholiken gemeinsam?
Ist nur die Frage, was diese Alleinstellungsmerkmale für uns Christen sind. Ich finde: Was wir vermitteln könnten, wäre eine vergnügte, beschwingte, befreite Erlöstheit. Ein Leben aus einer Hoffnung heraus, die weit über dieses irdische Leben und den Tod hinausgeht. Leider sind wir in der öffentlichen Wahrnehmung, in vielen unserer Gottesdienste und sonstigen Angebote weit davon entfernt, dies überzeugend rüberzubringen. Möglicherweise würde ein Gläschen Wein dabei helfen. Prost!