E-Krippe

E-Krippe

So, die Damen und Herren, schon hammers wieder. Weihnachten ist auch überstanden, wenn man mal von diversen Kalorienresten am Bauchansatz (Ansatz? Haha), überfüllten Papiertonnen und mit Geschenken vollgemüllten Kinderzimmerecken absieht, aber das ist ja normal. Bald schon wird der Baum wieder zu Knut, und sofern Sie eine Krippe rumstehen haben, muss die auch zügigst wieder eingepackt werden. Wie wäre es denn nächstes Jahr mal mit einer neuen?

####LINKS####Dazu müssen wir Ihnen heute einen kleinen Exkurs zum Thema „Inkulturation“ zumuten. Sie wissen ja, dass das Christentum durchaus ältere Bräuche übernommen hat; der Weihnachtstermin beispielsweise soll das alte Sonnwendefest „sol invictus“ übernommen haben, auch wenn dieses Fest gar nicht so gut bezeugt ist, aber dazu ein anderes Mal mehr.

Ja, das Christentum hat immer selbstverständlich örtliche Traditionen mit aufgenommen, denn Menschen denken und fühlen unterschiedlich. Ein Christus in Afrika kann durchaus schwarz sein. In Lateinamerika ist er vielleicht ein rechtloser Bauer. Und bei uns? In einer Welt, die in hohem Maße von Computern, Tablets, Smartphones bestimmt wird?

Damit wäre unser kleiner Exkurs beendet und wir wenden uns, stolz angefüllt mit neuem religionswissenschaftlichem Hintergrundwissen, dem heutigen Krippenexemplar zu. Ich ziehe meinen Hut vor dieser Inkulturationsleistung der jungen Künstlerin: Maria und Josef als Android-Figuren! Ein kleines Googelchen in der Krippe! (Android 5.0? Nach „Kitkat“ wäre ja jetzt der Anfangsbuchstabe L wie Liebes Jesulein dran – passt doch alles!) Ein beflügelter (behelikopterter) Engelsandroide auf dem Krippendach. Die Beschriftung „Noogle“ ist übrigens die Bezeichnung für neue Google-Mitarbeiter an ihrem ersten Arbeitstag. Darin enthalten ist also quasi die Botschaft: „Siehe, ich verkündige euch große Freude! Euch ist heute der Heiland geboren!“

Und dann noch die heiligen drei Königsdroiden. Sie bringen alles, was das moderne Smartphoneherz begehrt: Speicher, Akku und ein Ladegerät. Wer braucht schon Myrrhe.

Auch die Hirten sind da und wärmen sich am elektronischen Feuer. Nur Schafe haben sie keine mitgebracht. Na ja, vielleicht sind die auf der Speicherkarte abgespeichert.

Nun könnte man noch philosophieren über die Geschichte des ursprünglich belächelten, kleinen Betriebssystemchens Android, das im Laufe der Menschheitsgeschichte doch einen gewaltigen Einfluss auf die Computerwelt nahm. Bis hin zum bekannten, wenn auch offensichtlich sehr unterschiedlich interpretierbaren Google-Motto „Don't be evil“ (Mach nichts Böses), das mit viel gutem Willen als durchaus kompatibel zu Jesus Botschaft der Liebe anzusehen ist.

Kurz und gut: Die perfekte Krippe für die moderne Welt. Brauchen wir nur noch ein paar Android-Figürchen. Aber wir haben ja fast ein Jahr Zeit, welche zu besorgen.

Frohe Weihnachten! Euch ist heute ein Betriebssystem geboren, welches ist Android, in der Stadt Mountain View.

Foto: Kamran v. Kleist (mit freundlicher Genehmigung)


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