Digitale Kirche nach der Synode: Weiter geht's

Digitale Kirche nach der Synode: Weiter geht's
Ein detaillierterer Blick auf die Digital-Beschlüsse der EKD-Synode. 2019 wird gut!

Die EKD-Synode 2018 liegt nun anderthalb Wochen zurück. Was sie alles beschlossen hat, haben wir hier zusammengestellt. Darunter war auch der Vorschlag für "Kirche im digitalen Wandel": 2,2 Millionen für Digitalisierung in 2019! Das klingt erstmal nach einer anständigen Summe - und ist es auch.Es reicht nicht, um die ganze evangelische Kirche auf einen Schlag in die digitale Gegenwart zu heben, aber das kann man auch nicht erwarten. Denn eine so verteilte Organisation mit ihren 21,5 Millionen Mitgliedern lässt sich nicht auf einen Schlag digitalisieren.

Vor allem nicht, wenn sich nicht alle einig sind, was "digitale Kirche" eigentlich sein soll. Vier Eckpunkte dafür hat EKHN-Präsident Volker Jung in seiner Einbringung des Vorschlags aber gesetzt. Kirche in der digitalen Gegenwart zeichnet sich demnach folgendermaßen aus: Kirchliche Kernaufgaben sind auch in digitale Räumen; Verwaltung und IT arbeiten viel stärker nutzerorientiert; Leitung und Organisation brauchen "eine neue analog-digitale Leitungs- und Kommunikationskultur"; und die Theologie hat eigene Antworten zu Digitalisierung.

In dem Vorschlag, den die EKD-Synode nun beschlossen hat, sind drei der vier Punkte schon berücksichtigt. Wie das neue analog-digitale Leitungshandeln aussieht, wird dann noch spannend. Für 2019 stehen jetzt erstmal drei konkrete Aufgaben auf dem Plan: Das Projekt "Kirche bei dir" und der Medienpool, der Innovationsfonds für digitale Projekte und die Einrichtung der Stabsstelle Digitalisierung im Kirchenamt der EKD.

Schauen wir uns die konkreten beschlossenen Aufgaben näher an!

Medienpool (100.000 Euro): Einen bis zur Beta-Version fertigen „Medienpool“ gab es 2013 schonmal. Damals hieß das Contentpool und war aus dem Wunsch der Öffentlichkeitsarbeits-Abteilungen der Landeskirchen entstanden. Die Idee damals war, dass alle Beteiligten Material kostenlos zur Verfügung stellen und alle Menschen in der Kirche das kostenfrei nutzen dürfen. Das scheiterte daran, dass nicht genug Stellen tatsächlich Material zur Verfügung gestellt haben -  es gab aber auch keine Finanzierung dafür. Ein Neuansatz für den gewünschten Medienpool kann mit dem beschlossenen Geld einmalig Grundinhalte für Social-Kanäle und das notwendige Basiswissen im Umgang mit diesen Kanälen zur Verfügung stellen, und zwar unter offenen Lizenzen. Die vielen Experten in den Landeskirchen müssen dann kein Material bereitstellen, aber eingeladen werden, ihr Basiswissen zu teilen.

Kirche bei Dir (400.000 Euro): "Kirche bei Dir" ist der vom englischen Vorbild "A Church Near You" inspirierte Kirchenfinder, der (endlich) wirklich alle evangelischen Kirchen im Netz auffindbar machen soll. Auf der Synode gab es bereits einen Prototypen dafür. Zwei wichtige Ergänzungen hat die Synode dem Projekt noch mitgegeben. Zum einen wurde mehrfach betont, dass Angebote der Diakonie ebenso auffindbar sein müssen. Bei der Erarbeitung des Prototypen war ich mitbeteiligt, da haben wir das auch schon erörtert. Es ist sinnvoll, zunächst die sichtbaren Zeichen von Kirche (Kirchtürme) auch im digitalen öffentlichen Raum sichtbar zu machen. Aber gerade die Beratungsangebote der Diakonie müssen ebenso auffindbar sein, um kirchliche Kernaufgaben auch im digitalen Raum zu verorten. Außerdem hat die Synode den Satzteil "unter Berücksichtigung und Einbeziehung vorhandener Angebote in den Landeskirchen" explizit ergänzt. Das wird die Stabsstelle Digitalisierung noch mehr als bisher berücksichtigen, die das weitere Vorgehen für "Kirche bei Dir" plant.

Stabsstelle Digitalisierung (700.000 Euro): Damit wären wir auch schon bei der neuen Stabsstelle Digitalisierung, die im Kirchenamt eingerichtet wird! Die drei inhaltlichen Stellen (Leitung, zwei Projektstellen) werden die Basis dafür, die offenen Fragen in Sachen Digitalisierung zu beantworten. Nachdem die frühere Stelle des Internetbeauftragten der EKD zwei Jahre lang nicht besetzt war, gibt es jetzt endlich wieder eine substantielle Koordinierungsstelle, die den Auftrag der EKD als Gemeinschaft der Gliedkirchen auch in Digitalfragen übernehmen kann. Ein wesentlicher Teil der Arbeit wird sein, das bestehende Wissen in allen Teilen der evangelischen Kirche miteinander besser zu vernetzen, die unterschiedlichen Antworten auf die strategischen Fragen zu sammeln (siehe oben) und die Arbeit des Innovationsfonds zu begleiten.

Digialinnovationsfonds (1.000.000 Euro): Das Kernstück des Synodenbeschlusses ist der gewünschte Innovationsfonds für Digitalprodukte. Eine Million Euro in 2019 steht zur Verfügung, um "mit schnellen und einfachen Entscheidungsprozessen kirchliche Digitalisierungsinnovationen nach vom Rat zu beschließen den Vergabegremium und -richtlinien zu fördern". Der Rat der EKD tagt Mitte Dezember - damit der Innovationsfonds schnell anfangen kann, Fördergelder zu vergeben, sollten die Grundlagen dann schon geklärt sein. Wie das Procedere dann läuft, werden wir auch auf unseren evangelisch.de-Kanälen berichten, sobald wir Näheres wissen.

An der Entscheidung der EKD-Synode gibt es natürlich auch Kritik. Ingo Dachwitz (@roofjoke) hat hier auf evangelisch.de darauf hingewiesen, dass eine klare Positionierung zu netzpolitischen Fragen - zum Beispiel zum Urheberrecht und offenen Lizenzen - noch fehlt. Klare Positionen in digitalethischen Fragen müssen formuliert und mit kirchlichem Handeln in Einklang gebracht werden. Außerdem können Strukturveränderungen und der Kulturwandel ins Digitale nicht einfach beschlossen werden - da wird noch einiges zu tun sein.

Knut Dahl-Ruddies (@knuuut) hat auf der Eule daran erinnert, dass es Kirche im digitalen Raum schon sehr lange gibt. Der "top-down"-Ansatz, unter anderem erst auf einen Synodenbeschluss zu warten, widerspreche dem eigentlichen Wesen digitaler Entwicklungen. Wenig verwunderlich, schreibt Knut, "schließlich ist eine 'bottom up'-Bewegung immer bedrohlich für Institutionen". Stimmt. Wie dieser Kulturwandel die Entscheidungswege in der Kirche verändert, muss sich immer noch zeigen.

Eines hat die Diskussion auf der Synode aber gezeigt: Die Wichtigkeit des Themas Digitalisierung ist nicht mehr strittig. Wir sind jetzt auch "top-down" so weit, dass das "ob" endlich nicht mehr diskutiert wird. Das "wie" steht jetzt im Mittelpunkt. Ich freue mich darauf, zu sehen, welches "wie" über den Innovationsfonds aus allen Ebenen der Kirche ausprobiert wird - und dass es jetzt eine Stabsstelle gibt, die auch dafür zuständig sein wird, diese ganzen verschiedenen Ideen miteinander zu verknüpfen und wieder weiter in alle Ebenen der Kirche zu verbreiten. Auch wenn's später ist als manche sich wünschen: 2019 wird gut.

Vielen Dank für's Lesen und Mitdenken!


Im Blog Confessio Digitalis schreibe ich meine Beobachtungen, Links und Interviews zu den Themen Digitalisierung, Digitale Kirche und digitalisierte Welt auf. Ich bin erreichbar auf Twitter als @dailybug.

P.S.: Leser*innen haben mich darauf hingewiesen, dass "Digitalis" auch der Name der Fingerhut-Pflanzen ist, die zu Gift verarbeitet werden können. Das lässt den Blogtitel "Confessio Digitalis" natürlich ein bisschen fies klingen. Andererseits behandelt man mit Digitalis-Präparaten auch Herzprobleme. Und dass das digitale Herz der Kirche besser schlägt, ist mir ein Anliegen. Deswegen lasse ich den Namen des Blogs so - nehmt es als Präparat!

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