Knopp ist tot

Knopp ist tot
Steht die Aufdeckung des Pseudonyms Elena Ferrante für „eine besonders hässliche Seite des Journalismus“, oder sind die Reaktionen der Enthüllungskritiker „bizarr übertrieben“? Außerdem: Warum Hass keine Meinung ist. Warum Jan Böhmermann gute Anwälte hat. Warum das Geschichtsfernsehen Fortschritte macht.

Radikal persönliche Texte sind selten Thema dieser Kolumne. Heute bietet es sich allerdings an, mit zwei Beiträgen dieser Art einzusteigen. Der eine ist auf der Themen-des-Tages-Seite der SZ in der Rubrik „Außenansicht“ erschienen:

„Als ich vor einigen Tagen meinen Twitter-Account öffnete, sah ich die Nachricht eines fremden Mannes. Er kündigte an, demnächst in meine Stadt kommen zu wollen. Einen Tweet weiter postete er einige Grundschulen in meinem Bezirk und fragte, auf welche denn mein Sohn gehe. Was in einem anderen Kontext wie eine Plauderei unter Freunden erscheinen würde, war in der beschriebenen Situation in höchstem Maße bedrohlich. Dieser Mann verfolgt mich seit sechs Monaten im Netz. Neben dem Versenden von Gewaltfantasien und Hakenkreuzen schreibt er mich immer wieder direkt an. An guten Tagen fragt er nur, wie es mir geht. An schlimmen Tagen schreibt er, er wolle mein Kind gern 'streng erziehen', oder bezieht mich öffentlich in seine Sexualfantasien ein. Er hetzt auch andere Leute auf mich, die mir sagen, wie hässlich ich sei, mich 'Hure', 'Drecksau', 'Untermensch' nennen, mir Bilder erigierter Penisse schicken, oder mich dazu auffordern, mich zu erhängen.“ 

So beginnt die feministische Technologie-Unternehmerin Anne Matuschek ihren Artikel, in dem sie erklärt, warum sie ihren Twitter-Account gelöscht hat. Einige Trolle, die als Berufsbezeichnung vermutlich Journalist angeben würden, dürfen sich auch angesprochen fühlen: 

„Wer beim Kampf gegen Hatespeech laut ‚Zensur!‘ schreit, missachtet, dass Beleidigungen und Drohungen Nutzer und Nutzerinnen einschüchtern und sie langfristig mundtot machen können. Hass ist keine Meinung und gleichzeitig Gift für jeden Diskurs.“

Olja Alvir geht bei missy-magazine.de noch einige Schritte weiter als Matuschek. Dass bei Missy bzw. auf deren Website radikal persönliche Texte erscheinen, ist andererseits weniger überraschend, als es bei einem Seite-2-Text der SZ der Fall ist. Alvir hat nun eine Kolumne darüber geschrieben, warum die Kolumne, die eigentlich hätte erscheinen sollen, nicht erscheinen konnte. Es geht um Schreiben und (psychische) Gesundheit:

„Ich habe eine psychische Erkrankung. Und die macht es mir manchmal unmöglich zu arbeiten und leider auch oft unmöglich abzuschätzen, wann ich denn arbeiten können werde und wann nicht.“ 

Welche existenziellen Probleme das für sie mit sich bringen kann, schreibt sie auch:

„Das Stigma, das auf Personen mit psychischen Problemen lastet, (zieht sich) durch alle Klassen der Gesellschaft und betrifft Menschen jeder Herkunft, jeden Alters, jeder Arbeitssituation. Doch sogenannte ‚neue Selbstständige‘ wie ich und viele andere Menschen, die für Geld schreiben, sind besonders schutzlos. Ich bin von vielen Sozialleistungen ausgeschlossen, weil ich mich nicht in einem herkömmlichen Beschäftigungsverhältnis befinde. Ich kann nicht in Krankenstand gehen. Ich kann nicht auf Kur gehen. Wenn etwas in der Welt passiert, dann habe ich zu schreiben, sonst kann ich nicht essen.

Wie Matuschek geht auch Alvir auf ihre Erfahrungen mit twitternden „Hatern“ ein. Am Ende liefert sie dann noch ein paar Ansätze, über die sich auch jene Gedanken machen können, die sich für gesund halten:

„Es muss (nicht nur) im Journalismus Platz geben für das Versäumen von Deadlines (…) Man könnte sogar argumentieren, dass der Deadline-Journalismus mit dem Internet und dem 24h-News-Zyklus ohnehin, äh, stirbt (…) Füllen wir den momentan leeren, abgründigen Begriff ‚neue Selbstständige‘ mit Verständnis für unkonventionelle, neuratypische Lebenswelten und Arbeitsformen. Bis zum Kommunismus, halt.“

[+++] Medienkritische Texte zum Merkel-Bashing gab es schon einige, insofern klingt es erst einmal vertraut, wenn Albrecht von Lucke in der Oktober-Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik konstatiert bzw. kritisiert, „ein großer Teil der Medien, von FAZ und Welt bis Spiegel und Stern“ blase „gemeinsam mit AfD und CSU (…) in das immergleiche Horn“: „Die Kanzlerin steht am Abgrund, muss ihre Politik endlich ändern, der Willkommenskultur abschwören.“ 

Erfreulicherweise betont von Lucke einen nach meinem Eindruck sonst unterrepräsentierten Aspekt:

„Die Ironie der Geschichte besteht ja gerade darin, dass von der einstigen Willkommenskultur schon lange keine Rede mehr sein kann. Pro Asyl weist unermüdlich darauf hin, dass wir es heute, nach der massiven Einschränkung des Asylrechts und der Schließung der EU-Außengrenzen, faktisch mit einer Abschottungskultur zu tun haben – unter maßgeblichem Zutun der mächtigsten Frau Europas.“

Auf die „neue deutsche Abschottungspolitik“ geht auch ein am vergangenen Donnerstag gesendeter Beitrag des Politikmagazins „Monitor“ ein (ab 16:22).

So gesehen sind das Merkel-Bashing und der Umgang damit nicht zuletzt unter psychologischen Aspekten interessant: Da sind zum einen die Journalisten, die ihren Mantel in den Shitwind hängen und das Phantasma der Willkommenspolitik an die Wand malen, zum andere jene, die Merkel für eine Politik loben, für die die von ihr geführte Regierung gar nicht eintritt.

[+++] Darüber, dass die Staatsanwaltschaft Mainz „das Ermittlungsverfahren gegen den Moderator Jan Böhmermann wegen des Vorwurfs der Beleidigung des türkischen Staatspräsidenten gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt“ hat, wird selbstverständlich viel geschrieben und gemeint. Wir konzentrieren uns hier auf die Einschätzungen von Juristen. Jost Müller-Neuhof schreibt für den Tagesspiegel:

„Nach Ansicht der Ermittler ist es bereits fraglich, ob der objektive Tatbestand der Beleidigung erfüllt sei. Böhmermanns Satire sei vom Schutzbereich der Kunst- und Meinungsfreiheit erfasst. Entstehungsgeschichte, zeitgeschichtliche Einbindung und die gesamte Gestaltung des Beitrags weckten unter diesen Aspekten Zweifel daran, dass Erdogan damit ernsthaft herabgewürdigt werden sollte.“

Heribert Prantl moniert auf der SZ-Meinungsseite das „Geschwurbel“ der Staatsanwaltschaft (siehe deren eben verlinkte Pressemitteilung): 

„Die Darlegungen darüber, dass der objektive Tatbestand zweifelhaft sei und der subjektive nicht gegeben, lesen sich partiell selbst wie eine Satire. Es sei, so die Staatsanwaltschaft, für jeden verständigen Menschen erkennbar, dass es sich bei der Polemik gegen Erdo?an um Unsinn gehandelt habe. So hatte sich, kleinlaut in seiner Not, auch Böhmermann selbst verteidigt. Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein wäre auch nicht schädlich.“

Udo Vetter lobt in seinem Law Blog die Juristen, die für den Moderator im Einsatz waren:

„Letztlich hat Böhmermann auch eine offensichtlich kluge Einlassung seiner Anwälte geholfen. Diese wiesen nämlich darauf hin, Böhmermann habe die extreme Zuspitzung eben gerade deswegen gewählt, damit nur ja keiner seiner Zuschauer auf die Idee kommt, er wolle Erdogan persönlich zu nahe treten. Böhmermann habe deshalb jedenfalls nicht vorsätzlich gehandelt, auch wenn sein frommer Wunsch nach dem aufgeklärten Zuschauer sich nicht erfüllte. Auch dieser Argumentation folgt die Staatsanwaltschaft.“

Eben diese Anwälte äußern sich in einer Pressemitteilung - und kündigen an, dass sich auch Böhmermann selbst äußern wird, und zwar heute bei einem Pressetermin in Köln um 16.30 Uhr. Puh, kaum noch auszuhalten, diese Spannung. Ob der Termin ins Stadion des Effzeh verlegt wird, weil man sonst des Andrangs nicht Herr werden kann, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.

[+++] Aus dem wachsenden Themenkomplex Trump und die Medien seien heute zwei Texte hervorgehoben: Die FAZ geht auf die „beispiellos deutlichen Warnungen“ vor Trump ein, mit denen „sich die amerikanischen Zeitungen in den Präsidentschaftswahlkampf eingeschaltet“ haben. Nina Rehfeld berichtet:

„Nach der New York Times rieten zahlreiche weitere Blätter ihren Lesern mit unmissverständlichen Worten davon ab, Trump zu wählen (…) Amerikanische Zeitungen beziehen vor einer Präsidentenwahl seit je Stellung und begründen ihre Haltung in einem Leitartikel. Neu ist, dass sie von einem Kandidaten ausdrücklich abraten. Die USA Today indes hatte in ihrer vierunddreißigjährigen Geschichte bisher darauf verzichtet, einen Präsidentschaftskandidaten zu favorisieren. Jetzt positionierte sich das gemäßigte Blatt ungewohnt eindeutig (…) Auch wichtige Zeitungen in Bundesstaaten, in denen Trump eine breite Anhängerschaft hat, sprachen sich gegen ihn aus. Die Arizona Republic etwa, die in ihrer hundertsechsundzwanzigjährigen Geschichte noch nie einen demokratischen Kandidaten favorisiert hat, optiert nun für Hillary Clinton.“ 

Und für die NZZ befasst sich Adrienne Fichter mit den randständigen Pro-Trump-Kombattanten, die bei Facebook mit Krawall à la „Niemand erzählt Ihnen die Wahrheit über den Muslim, der Donald Trump attackierte. Also machen wir es“ reüssieren:

„Die Facebook-Seiten dieser neuen Akteure profitieren vom Newsfeed-Algorithmus, der Inhalte belohnt, die viele Interaktionen wie Likes und Shares bei Nutzern hervorrufen. Mit (...) ungeprüften Behauptungen heizen die Autoren die Stimmung rund um den diesjährigen Wahlkampf an.“

[+++] In Köln fand von Donnerstag bis Samstag vergangener Woche das Symposium „Bilderströme - Neuere Strategien zur Visualisierung von Geschichte im Dokumentarfilm“ statt, organisiert von der nordrhein-westfälischen Dokumentarfilminitiative. Im Tagesspiegel verknüpft Thomas Gehringer einen Tagungsbericht mit einer Vorschau auf die heute startende WDR-Reihe „Was geht mich das an?“. Diese

„diente bei der Tagung (…) als aktuelles Beispiel für einen Trend: die Abkehr vom Zeitzeugen. In der WDR-Reihe übernehmen vor allem die fiktiven Figuren in den Spielszenen deren Funktion, abstrakte historische Ereignisse durch persönliche Erinnerungen zu unterfüttern. Neuere Produktionen gehen damit nur noch sparsam um.“

Um „Was geht mich das an?“ ging es auch in dem Interview, das Petra Schmitz, die Leiterin der Dokumentarfilminitiative, in der vergangenen Woche im Deutschlandfunk gab. Gehringer schreibt weiter:

„Selbst bei ZDFinfo haben die Zeitzeugen ausgedient, erklärte der Kölner Autor Christoph Weber (‚Akte D‘). Nach der Ära Knopp, in der Zeitzeugen Teil einer pathetisch-gefühligen Erzählweise waren und selten hinterfragt wurden, bemüht man sich nun wieder verstärkt um Substanz. Wie in der ARD-Reihe ‚Akte D‘ oder im Zweiteiler ‚Schatten des Krieges‘ (RBB/NDR), in dem Fotografien und anderes Bildmaterial aus dem Zweiten Weltkrieg eingeordnet werden. ‚Die Knopp-Fesseln sind abgeschüttelt‘, sagte der Medienjournalist und Dokumentarfilm-Kenner Fritz Wolf in Köln. ‚Man kann sich wieder frei bewegen.‘

Womit dann auch endlich eine Erklärung für unsere heutige Headline geliefert wäre. Mit anderen Worten: Guido geht es gut (unseres Wissens).

[+++] Der Debatte um die „Aufdeckung“ des Pseudonyms Elena Ferrante (siehe Altpapier von Dienstag) weitet sich aus: 

„Aus all diesen Enthüllungen triefen die Missgunst und übergriffige Sensationsgeilheit einiger Journalisten, die sich benommen haben wie dämliche Kinder, die gucken wollen, ob der Schmetterling von innen auch so schön bunt ist“, 

schreibt Margarete Stokowski (Spiegel Online). Die beteiligten Redaktionen, so ihr Fazit,

„hätten nichts anderes verdient als einen Boykott durch all diejenigen Autorinnen und Autoren, die wollen, dass ihre Lebens- und Arbeitsweise respektiert wird, sowie durch die Leser und Leserinnen, denen es um Literatur geht und nicht um schmierige Detektivgeschichten“.

Von „paparazzihaftem Unwesen“ ist in der Stuttgarter Zeitung die Rede und bei Cicero Online von einer „besonders hässlichen Seite des Journalismus. Es ist die Seite, die auch der Boulevard bedient, wenn er über das Privatleben von Berühmtheiten berichtet." Constantin Wißmann fasst dort auch zusammen, warum die Autorin, die wir bisher als Elena Ferrante kannten, unter eben diesem Pseudonym schrieb:

„Der Schreiber soll schreiben und der Leser soll lesen. Davon sollte weder eine zeitaufwendige Buchtournee ablenken, noch ein Magazingespräch über Asylpolitik, noch Literaturtratsch darüber wer welche Romanfigur im wahren Leben sei, noch eine irritierende Autorenpersönlichkeit, die wir irgendwie mit den Sätzen, die sie schreibt, in Einklang bringen müssen.“

Binnenpluralistisch gibt sich in der Sache die SZ. „An der Enttarnung Elena Ferrantes berührt unangenehm der Gestus, hier werde eine illegitime Irreführung des Publikums aufgedeckt“, schreibt Maike Albath in einem Text fürs Feuilleton der Print-Ausgabe, in dem sie erklärt, warum die Enttarnung „ein Skandal ist“. Online vertritt Karin Janker die Gegenposition. Die Reaktionen der Enthüllungs-Kritiker seien

„nicht nur bizarr übertrieben, sie ignorieren das literarische Werk Ferrantes, weil sie in die gleiche Falle tappen wie der Journalist Gatti. Sowohl Gatti, der innerhalb der Fiktion nach Anhaltspunkten für die Autorenperson gesucht hat, als auch die Armee der Ferrante-Verteidiger scheint nicht trennen zu können zwischen Autor und Werk. Sonst müsste man die Anonymität der Autorin nicht dermaßen wachsam gegen Enthüllungsversuche verteidigen. Tatsächlich scheint es, als läge für manche Leser ein Teil der Faszination von Ferrantes Büchern allein darin, dass es leichter fällt, sich mit dem scheinbar autobiographischen Schreiben zu identifizieren, wenn die Autorin anonym ist.“ 

Jankers Fazit:

„Die Debatte um Ferrantes offenbart stattdessen ein anderes Problem: Die Enttäuschung derjenigen, die jetzt aufschreien, gilt eigentlich dem Literaturbetrieb, der sich mehr für die Autoren als für deren Werke interessiert.“

Und was mittlerweile auch nicht mehr fehlt: ein Interview mit dem deutschen Lektor. Die Welt hat's geführt. 


Altpapierkorb

+++ Der Haupttext der SZ-Medienseite befasst sich mit der Einheitsstrategie von Tageszeitungsverlagen, die es mit sich bringt, dass in vielerlei Hinsicht unterschiedliche Regionalzeitungen zu überregionalen Themen identische Texte veröffentlichen müssen. Produziert werden sie in den sogenannten Zentralredaktionen von Madsack, DuMont und - jüngstes Beispiel, weil erst vor etwas mehr als einem Jahr eingerichtet - Funke. In einem Abschnitt über Madsacks Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) schreibt Sebastian Jannasch: „Was die Betriebswirte in den Verlagen unumgänglich finden, stößt in den zuvor autonomen Redaktionen selten auf Begeisterung. Während Chefredakteur (Matthias) Koch die Einführung des Redaktionsnetzwerkes als friedliche Revolution bezeichnet, schimpften Mitglieder der ‚gefledderten‘ Redaktionen über den ‚Reichsnachrichtendienst‘, der sie entmündige. Anstatt selbst zu bestimmen, wie über die Haushaltsdebatte berichtet wird, erfahren die Chefredakteure der belieferten Blätter in der Morgenkonferenz, wie ihre überregionalen Seiten aussehen. Von Fremdbestimmung will Koch aber nichts wissen. ‚Die Chefredakteure behalten weiterhin die Hoheit über ihr Blatt‘, sagt er. ‚Wenn sie mit dem Programm nicht einverstanden sind, können sie eigene Texte liefern.‘ Für Gewerkschafter ist das pure Theorie. ‚In den belieferten Redaktionen wurde das Personal so ausgedünnt, dass es niemanden gibt, der zusätzliche Recherchen übernehmen könnte‘, sagt Rainer Butenschön, zuständig für Medien bei Verdi Niedersachsen-Bremen.“

+++ Der Aufmacher der FAZ-Medienseite ist Sandra Maischberger gewidmet. Sie habe „für ihren Job genau die richtigen Stärken. Und die richtigen Schwächen“ - so fasst die Redaktion im Vorspann einen Text Hans Hütts zusammen, den man ins Blatt gehoben hat, weil Maischberger ihre Talkshow heute zum 500. Mal moderiert. 

+++ Sechs Monate nach „the biggest-ever leak in journalism“ blicken die SZ-Redakteure Frederik Obermaier und Bastian Obermayer im Guardian zurück. Anlässe: „The first hearing of the Panama Papers committee“ im Europäischen Parlament und die aktuellen Enthüllungen um den Steuer-Nichtzahler Donald Trump.

+++ Auf die polizeiliche Erstürmung „mehrerer regierungskritischer Radio- und Fernsehsender“ in der Türkei, die im Zusammenhang mit der Ende der vergangenen Woche verkündeten Schließung von 23 Sendern steht, geht das Neue Deutschland ein. Dass der Journalist Ismail Küpeli angekündigt hat, vorerst nichts mehr in Sachen Türkei zu twittern, „weil viele relevante Quellen bereits weitgehend versiegt sind“, ist ebenfalls Thema des Artikels.

+++ Uff, schon wieder ein vernünftiger Text von Spiegel-Online-Kolumnist Jan Fleischhauer, dieses Mal zu Facebook: „Es ist immer gefährlich, in der Wirtschaft auf die freiwillige Selbstkontrolle zu setzen. Ein Schlachtbetrieb, der keine Aufsicht fürchten muss, wird irgendwann Abfall zu Wurst verarbeiten. Ein Ölkonzern, der glaubt, nicht belangt werden zu können, hört auf, in die Sicherheit seiner Anlagen zu investieren. Ein Internetunternehmen, das sich über dem Gesetz wähnt, lässt alles auf seinen Seiten, was den Traffic erhöht, egal wie die gesellschaftlichen Folgen sind. Die politische Frage ist: Warum dulden wir das? Niemand in Deutschland käme auf die Idee, einem Chemiekonzern oder einer Investmentbank den Verbraucherschutz zu überlassen oder bei Fehlverhalten an die Einsicht zu appellieren. Es ist auch nicht so, dass Facebook nicht reagiert, wenn es teuer zu werden droht (…) Wenn Prada auf einer Facebook-Seite ein Prada-Zeichen entdeckt, reicht ein Brief und das Logo ist verschwunden. Wäre Holocaustleugnung mit einem Copyright verbunden, wäre das Problem der Holocaustleugnung gelöst.“

+++ Derweil „knöpft sich Maas die US-Internetriesen vor: Im Interview droht er, Facebook und Twitter für Hass-Postings zu belangen“. So tönt es jedenfalls in einem Teaser des Handelsblatts für ein kostenpflichtiges Gespräch mit Justizminister Heiko Maas.

+++ Basic Thinking versucht schon einmal, Neugierde zu wecken auf „Yolandi“, einen Moderationsroboter, den der RBB während der ARD-Themenwoche „Zukunft der Arbeit“ (30. Oktober bis 5. November) zum Einsatz bringt, beispielsweise im Regionalmagazin „Abendschau“.

+++ „Es stimmt, dass von 100 Bremern und Bremerinnen 95 wahrscheinlich nicht wissen, was der Medienrat ist“, sagt Robert Hodonyi, der neue Vorsitzende des Medienrats der Bremischen Landesmedienanstalt, also des höchsten Gremiums der Aufsichtsbehörde, im Interview mit der taz Nord. Das ist vermutlich noch eine optimistische Schätzung, und der Anteil der Wissenden dürfte auch in größeren Bundesländern nicht höher sein. Für Bremen will Hodonyi die Quote nun dadurch erhöhen, dass der Medienrat Debatten „zum Beispiel über die Weiterentwicklung des Bürgerrundfunks anstößt. „Dem sollte gerade in diesen Zeiten, die geprägt sind von einem Vertrauensverlust in Demokratie und Medien – Stichwort ‚Lügenpresse‘ – eine größere Bedeutung als partizipatives Medium zukommen. Und das ist wichtig, gerade jüngeren Leuten zu vermitteln, denen als ‚Generation Youtube‘ ganz andere Kanäle offen stehen.“ Bürgerrundfunk gibt es zwar nur in Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, aber da es anderswo die mit ihm verwandten Offenen Kanäle gibt, ist Hodonyis Statement auch über Bremen hinaus von Belang. Ob die verstärkte „Vermittlung“ der Tatsache, dass es für Normalbürger auch jenseits des Internets Möglichkeiten gab und gibt, was mit Medien zu machen, bei „jüngeren Leuten“ nachhaltig wirkt, ist aber noch mal eine ganz andere Frage.

Neues Altpapier gibt es wieder am Donnerstag.

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