Im zehnten Geschenkpapier schreibt Verleger Konstantin Neven DuMont über sich selbst, sein Bild in den Medien und das, was wirklich wichtig ist.
Günter Wallraff (68) ist mein Lieblingsjournalist. Er nimmt sich Zeit für seine Recherchen und deckt Missstände auf. Dabei nimmt er auch Unannehmlichkeiten, Gerichtsprozesse und gesundheitliche Risiken in Kauf: "Angeben für Anfänger - Der Hai, Society!" (sueddeutsche.de)
Ein Teil unseres journalistischer Nachwuchses tut sich im Vergleich zu Wallraff noch ein wenig schwer. Spontan fällt mir dabei Marc Felix Serrao von der Süddeutschen Zeitung ein. In der vergangenen Woche schrieb er einen denkwürdigen Beitrag: "Im Namen des Vaters".
Als Reaktion auf Serraos Artikel schrieben mir hunderte Menschen wohlwollende Briefe. Unter anderem der renommierte Dortmunder Zeitungsforscher Horst Röper:
"..., weil ich die Gespräche mit Ihnen immer als gewinnbringend und für mich insofern ungewöhnlich erfahren habe, weil ich nach vielen Jahren endlich mal wieder auf einen Verleger gestoßen bin, der die Redaktion, die Inhalte der Zeitung in den Mittelpunkt gerückt hat. Andere haben das auch getan, aber immer wieder in nur wenig überzeugenden Sonntagsreden. Von daher habe ich mich über den 'jungen Neven' immer gefreut, habe für mich aus den Diskussionen etwas mitgenommen und meine Sorgen über einen weitergehenden Bedeutungsverlust der Zeitung wurden geschmälert."
Während Röper Antworten liefert, stellt Serrao kritische Fragen. Letzteres kann auch eine erfolgversprechende Arbeitsteilung sein: "Weiß Konstantin Neven DuMont, wer er ist? Weiß er, was er will? Kennt er die Verantwortung, die der Nachfolger eines Alfred Neven DuMont trägt?". Hier die Antwort: Er reflektiert. Ich würde alle drei Fragen mit "Ja" beantworten. Gegen Stefan Niggemeier habe ich übrigens nichts. Am Telefon war er immer sehr liebenswürdig.
Interessant auch, was Judith Pfannenmüller in der gestrigen Ausgabe der Zeitschrift "Werben & Verkaufen" schrieb: "Die Verdi-Vertrauensleute des Verlags dürften nun aufatmen. Sie hatten einen möglichen Rückzug der Familie Neven DuMont mit ‚großer Sorge’ gesehen." Solidarität, Menschlichkeit und Nächstenliebe sind Eigenschaften, die wir uns nicht nehmen lassen dürfen. Hoffentlich war dieser kleine Ausflug nicht zuviel der Selbstbetrachtung.
Journalisten arbeiten sich lieber an den Themen Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport, Wissenschaft und Justiz ab. Um das aber erfolgreich erledigen zu können, müssen sie sich zwischendurch auch mit sich selbst befassen. Die Medienkritik sollte mehr über die Auswirkungen der Digitalisierung auf Meinungsbildungsprozesse und demokratische Bewegungen berichten. Ist die neue Doku auf RTL II wirklich so wichtig, dass sich nahezu alle Medienjournalisten unbedingt mit ihr beschäftigen müssen?
Kommen wir nun zu den BloggerInnen. Ich liebe die Blogosphäre, auch wenn ich mich schon aus "Suchtgefahr" nur eine halbe Stunde am Tag damit befasse. Wie sagte Professorin Dr. Miriam Meckel? "Man muss irgendwann den Ausschalter finden."
Vorgestern traf ich per Zufall auf folgenden Beitrag: "Wie passen Identität und Kontrollverlust zusammen?" (ctrl+verlust) Der Verfasser sollte die elektronischen Endgeräte nicht so ernst nehmen. Was bis zum heutigen Tage zählt, ist das gesprochene Wort, Brief und Siegel. Ein noch wichtigeres Problem brachte Jakob Jochmann Anfang September bei Carta auf den Punkt: Sarrazin und die normative Kraft von Supermemen in der Öffentlichkeit.
Rührend kümmert sich Beate Wedekind beinahe täglich um die Netzgemeinde: Was gibt's Neues? In diesem Zusammenhang möchte ich ungern Heinz Eggert vergessen, der sich auf Facebook großer Beliebtheit erfreut. Darüber hinaus stehen viele erfolgversprechende Blogs in Arbeit. Das ist ein Aspekt, den wir neben einem regelmäßigen Müßiggang nicht vergessen sollten. Lassen Sie sich überraschen.
[listbox:title=Geschenkpapier-Container[Nr. 1 von Perlentaucher-Medientickerer Rüdiger Dingemann##Nr. 2 von sueddeutsche.de-Chefredakteur Hans-Jürgen Jakobs##Nr. 3 von Blogger Sascha Lobo##Nr. 4 von Stefan Niggemeier##Nr. 5 von "journalist"-Chefredakteur Matthias Daniel##Nr. 6 von "tagesschau"-Chefredakteur Kai Gniffke##Nr. 7 von Teresa Bücker##Nr. 8 von Kriegsreporterin Silke Burmester##Nr. 9 von medium magazin-Chefredakteurin Annette Milz]]
Zum Abschluss sind die Öffentlich-Rechtlichen zu erwähnen. Für irgendetwas müssen unsere Gebühren schließlich gut sein. Der WDR hat die Geschichte um Paul den Ersten auf den Punkt gebracht: "R.I.P. Paul" (WDR). Auch sein Nachfolger macht auf wdr.de-Fotostrecken von sich Reden.
Der NDR gab mir die Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit dem Zweiten sieht man manchmal besser: Die ZDF-Dokumentation "Die Afghanistan-Lüge – die Soldaten, die Politik und der Krieg" von Mathis Feldhoff, Uli Gack und Andreas Huppert hat kürzlich den Medienpreis “Der Goldene Igel” 2010 gewonnen. Die Doku bestätigt mich in meiner Haltung, dass wir diesen Krieg beenden und unsere Jungs nach Hause holen sollten.
Das wichtigste bleibt, im Einklang mit den Anderen und mit der Natur zu leben. Bis demnächst, alles Gute!
Am Montag läutet Christoph Schultheis, der am 8. November 2000 das erste Altpapier schrieb, das zweite Altpapier-Jahrzehnt ein.