Zauberjunge und Nobelpreisträger Barack Obama ist Lady Gaga bei Facebook auf den Fersen - und dabei, den Ruf der amerikanischen Medienfreiheit zu ruinieren. Immerhin als Vorbild für Stefan Aust taugt er noch.
Tja. Der letzte Trainer, der mit einer deutschen Nationalmannschaft ein internationales Turnier gewonnen hat, bleibt einstweilen Berti Vogts.
Gelegenheit, kurz auf das verblüffend spannende Interview mit dem damaligen Goldengoalschützen und heutigen Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff (Foto rechts) hinzuweisen, das zeit.de am Dienstagabend veröffentlichte. Inzwischen fand es in der Mediennische etwas Aufmerksamkeit.
Es sollte eigentlich "eines dieser vielen WM-Interviews" werden, berichtet Interviewer Steffen Dobbert, also eines derer, die man sich zumal im Falle Bierhoff sparen könnte. Spannend wurde es, weil der DFB in Gestalt seines Pressesprechers und Bierhoff die "Veröffentlichung ...im Nachhinein untersagten". Insofern brachte Dobbert nur die Fragen - und setzt damit aufs Erfolgsmuster des preisgekrönten Oliver Kahn-Porträts der Zeit aus dem Jahre 2006. Auch da durfte Henning Sußebach keine der Antworten zitieren und machte das Beste draus. Wir zitieren den Schluss dieses Textes:
"Zeit: 'Wie werden Sie ohne Ihren Sport leben können – ausgerechnet Sie, der Sie Ihren Körper über Jahre in Adrenalin gebadet haben?'
Kahn: …
Um diese Antwort ist es besonders schade. Aber man würde sich freuen für Oliver Kahn, sollte er sie wahr werden lassen."
Schade jedenfalls aus heutiger Sicht, dass Kahn offenbar nicht ohne seinen Sport leben kann und nun als KMH-Comoderator (und Werbespot-Darsteller natürlich) zum Aufblasen der WM-Berichterstattung beiträgt.
Damit zum ernsten medialen Tagesgeschehen. Entzauberung ist das Stichwort - nicht etwa unserer Zauberjungs (Deniz Yücel nochmal). Sondern Barack Obamas.
Zwar hat der amerikanische Präsident, Lady Gaga auf den Fersen (siehe Altpapier), die Zehn-Millionen-Marke an Fans bei Facebook nun "geknackt" (KStA).
Doch in US-Medien gilt Obama inzwischen als "Kontrollfreak", der "selbst Grußworte an Schüler am liebsten vom Teleprompter" abliest, berichtet der Tagesspiegel. Friedemann Diederichs zitiert die Washington Post, die sich pressemäßig ins "Soviet-era Moscow" versetzt fühlte, und kommt auf die "neuen Regeln zur Berichterstattung über die Ölpest" zu sprechen:
"Journalisten, die ohne vorherige Genehmigung mit Booten näher als 20 Meter an Orte kommen, wo gegen die Folgen der Ölpest gekämpft wird, müssen mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen."
Zu diesem Punkt gehen FR/ BLZ heute mit einem Erlebnis Drew Wheelans, des "Direktors der US-Vogelschutzvereinigung", ins Detail:
"BP hat es offenbar an vielen Stellen geschafft, die amerikanischen Behörden zum Erfüllungsgehilfen bei der Unterdrückung der Berichterstattung zu machen, und damit die Grenze zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor verwischt."
Mit "mehr als fünfzig Jahren Gefängnis" muss Bradley Manning rechnen - jener US-Soldat, der die unter dem Titel "Colleteral Murder" bekannt gewordenen Videoaufnahmen von einem Hubschrauberangriff auf Zivilisten im Irak Wikileaks zuspielte. Das berichten Agenturen und die FAZ-Medienseite, die auch auf eine Facebook-Seite hinweist. Hier hat Manning bereits knapp 5000 Unterstützer. Wenn es in dem Tempo weitergeht, könnte er Obama bald eingeholt haben.
[listbox:title=Artikel des Tages[Kontrollfreak Obama (Tsp.)##USA & BP: Private Public Partnership? (FR) ##Kontrollfreak Bierhoff im Interview (zeit.de)##Bradley Manning bei Facebook unterstützen##Die Lokalzeitungen der NPD (TAZ gestern)##Digital-TV-Zuschauer "gefesselt und geknebelt"? (test.de)]]
Was ist aus Obama bloß geworden? Eine schöne Attitüde für Machertypen.
Damit zurück zur Zeit und ins Inland. Anna Marohn hat für die Rubrik "Was bewegt...?" im Wirtschaftsressort der Wochenzeitung (S. 30), dem "Ich habe einen Traum" für Unternehmer, Stefan Aust in seinem schönen Hamburger Büro aufgesucht. "Er sieht aus wie einer dieser vitalen Florida-Rentner", schreibt sie. Die tollsten Zitate des alten Medien-Fuchses (z.B.: Die iPad-Version von Austs Magazin Die Woche sei "weltweit ...das am weitesten fortgeschrittene Projekt, das meinen auch die auch Apple-Leute") gingen bereits als Vorabmeldung (siehe auch TAZ) herum.
Selbstverständlich kommen auch Weggefährten Austs zu Wort. Torsten Rossmann, Austs Partner beim, nun ja, Nachrichtensender N24 sagt über die gemeinsam mit dem "durchverhandelten Nächte":
"Diese positive Ausstrahlung, diese Yes we can-mentalität, das braucht man in unserem Geschäft."
Altpapierkorb
+++ Gestern ging's im Altpapier um das neue Heftchen aus Hubert Burdas Imperium namens Chatter. Viele weitere Stimmen sind aufgelaufen: "Ich habe keine Berührungsängste vor minderwertigen bis fragwürdigen Printprodukten", gesteht Daniela Zinser (TAZ) und meint Titel wie Bild, Gala, InTouch. "Doch gestern habe ich mich zum ersten Mal am Zeitungskiosk geschämt". +++ Eher unpersönlich-ironisch nähert sich Stefan Kuzmany auf SPON dem Phänomen: "In 'Chatter' steht alles, was man höchstens aus Versehen im Wartezimmer gelesen haben möchte. Dort aber doch." +++ "Billiger Klatsch, aber durchaus humorvoll und kreativ aufbereitet" (dwdl.de). +++ "Man nehme handelsüblichen Tratsch und garniere ihn mit meist sehr unvorteilhaften Fotos bekannter Menschen und gehässigen Kommentaren" (SZ, die auch an Burdas Portal vipdip.de erinnert). +++
+++ Gestern hatten wir hier ganz die TAZ vergessen, mit ihrer Medien-Kriegsreportage u.a. über Jogi Löws Nivea-blauen Pulli (insofern kein Wunder, dass Michael Ballack/ L'Oreal schlechte Karten hat). Wie auch Andreas Speits lesenswerten Artikel über NPD-finanzierte Zeitungen in Thüringen. +++ Und was nicht in der TAZ stand, aber anderswo: eine gerichtlich anhängige Betriebsrat-Posse bei der TAZ... +++
+++ Zurück zu Facebook: Wegen seines cleveren Adress-Sammelns ist das Netzwerk jetzt im Visier des (als einer der erfolgreichsten Google-Gegner bejannt gewordenen) Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar. Siehe u.a. ftd.de. +++
+++ Zurück zum Fußball: Altpapier-Autor Klaus Raab hat für FR/ BLZ die Redaktion des Magazins Elf Freunde besucht, das gerade mehrheitlich von Gruner + Jahr übernommen wurde. Chefredakteur Philipp Köster sagt dazu, "dass die Leute ein romantisches Bild von Unabhängigkeit haben. Es ist ein Irrglaube, dass man als kleiner Verlag dem Druck von Anzeigenkunden besser gewachsen wäre." +++Der FR (die nur zu 60 Prozent DuMont Schauberg gehört und zu 40 Prozent der SPD) profititerte von einem Darlehensverzicht der SPD-Medienholding DDVG (wuv.de, kress.de).Kai-Hinrich Renner vom Abendblatt wusste bei der Pressekonferenz "nicht, worüber man mehr staunen sollte: darüber, für wie einschneidend die DDVG die Strukturkrise der Medien hält oder über die Leichtigkeit, mit der SPD-Unternehmer über Stellenabbau und Lohnkürzungen sprechen." +++
+++ Das evangelische Radio Paradiso zieht gegen seine Abschaltung in Berlin nun "tatsächlich vor Gericht" (Tsp.) +++ Vielleicht doch noch mal eine Chance bekommt das digitale Radio, das keiner vom Hören kennt, sondern allenfalls vom Drüberlesen. Die SZ-Medienseite berichtet ausführlich, unter welchen Bedingungen die KEF noch einmal mehr als 40 Mio. Euro GEZ-Gebühren dafür bewilligen könnte. +++ Gegen die werblich geschürte Digital-Euphorie argumentiert mit guten Beispielen aus der Praxis Michael Bobrowski vom Verbraucherzentralen-Bundesverband. Die Stiftung Warentest leitet ihr Interview kämpferisch ein: "Wer digitales Fernsehen möchte, wird geknebelt und gefesselt: Er braucht zusätzliche Geräte, muss seine Adresse offenbaren und soll für Sender zahlen, die bisher kostenlos waren". +++
+++ Für die FAZ-Medienseite hat Hannes Hintermeier den Weltwoche-Machertypen Roger Köppel in der Schweiz aufgesucht. "Sein Mantra: gegensteuern. Kein Ausweichjournalismus. Intelligente Provokation. Nicht in den Schweizer Konsens einstimmen..." +++ Außerdem geht's dort um die Medienfreiheit in Italien. +++ Um die in Indonesien geht's in der TAZ von heute. +++
+++ "Oliver Kahn ... liefert nach 2002 seine beste WM-Leistung ab"? Matthias Kalle kolumniert im Tagesspiegel heute - altes Strukturproblem der Presse - über das Fußballabend von vorgestern. +++ Das ZDF "ist in weiten Teilen ein locker-anarchischer Laden", sagt schließlich der "Indiana Jones des ZDF", Dirk Steffens, im Interview mit Antje Hildebrand (KStA).