Meine Woche vom 23. bis 27. November
Montag
Es weihnachtet sehr. Der Weg zum Bahnhof führt am Rhein entlang vorbei am schwimmenden Kölner Weihnachtsmarkt, einer Ansammlung von Nikoläusen und Glühwein auf einem Dampfer. Ja, spinnen die denn? Draußen ist es 15 Grad warm, und die Stimmung ist mehr nach eisgekühltem Caipirinha als nach Glühwein. Wir hatten am Wochenende Geburtstagsparty auf dem Balkon. Das habe ich als allseits bedauertes Novemberkind noch nie erlebt. Immer hat es geregnet oder gar geschneit, immer gab es was mit Fleisch und schwerem Rotwein. Dieses Jahr haben wir Mojitos gemixt. Hallo, Klimawandel. Ich wars nicht, ich fahr ja mit der Bahn.
Dienstag
Es ist immer noch warm, aber man merkt trotzdem, dass der Advent naht. Es ist nämlich auf der Rückreise abends von Frankfurt nach Köln schon stockfinster. Und wenn es so klar ist wie heute, sieht man bei 297 km/h ganz kurz beleuchtete Christbäume vorbei flitzen. Und wo sonst nur Mac Donalds und Rewe in die Nacht leuchten, zwischen Montabaur und Limburg, blinkt ab und zu ein Stern aus Lichterketten. Schön kitschig. Aber schön.
Mittwoch
Ich gebe mich jetzt geschlagen: Ja, es sind immer noch 15 Grad, ja, es wird aber trotzdem bald Weihnachten sein. Die Pendlerin hat einen Vorteil: Am Bahnhof kann sie fast alle Geschenke besorgen, die es beim Buchhandel gibt. Denn allein am Kölner Hauptbahnhof gibt es drei hervorragend sortierte Buchhandlungen, eine davon hat eine extra Abteilung für Modelleisenbahn-Bücher. Leider habe ich dafür keine Abnehmer. Dafür suche ich den Simpsons-Kalender 2010, und die Buchhändler sind so nett, für mich telefonisch zu recherchieren, ob die anderen Kollegen am Bahnhof das begehrte Teil noch haben. Leider werde ich erst bei der dritten Filiale fündig, jetzt muss ich direkt zum Zug und schleppe den großen Kalender einmal nach Frankfurt und zurück. Fürs Schließfach ist es jetzt zu spät.
Donnerstag
Hurra, in Frankfurt im Büro ist ein weiteres Geschenk angekommen, das ich im Internet-Shop bei Lego bestellt habe. Große Pakete lasse ich mir grundsätzlich ins Büro schicken, wer ist schon dann zuhause, wenn Paketboten klingeln? Das einzige Problem: Der Republic Attack Shooter von Star Wars ist in ein sehr großes Paket verpackt, das ich in der U-Bahn erstmal zum Bahnhof schleppen muss und dann im überfüllten ICE nach Köln. Zum ersten Mal in vier Jahren Pendelei werde ich von sage und schreibe drei Männern angesprochen. "Wer kriegt denn das zu Weihnachten?" und "Wie lange brauchen Sie denn um den zusammen zu bauen?" Schade, dass ich grad keinen Mann suche. Super Flirt-Trick. Frauen, kauft Lego-Pakete!
Freitag
In Köln ist pünktlich zum ersten Advent der Kölner Krippenweg am Bahnhof aufgebaut werden. Traditionell das schönste Modell stellt das bombardierte und zerschossene Köln 1945 dar, mit rührend kleinen Figuren, die auf den rauchenden Trümmern Weihnachten feiern. Dieses Jahr hätten sie ja ein zweites Modell bauen können, vom eingestürzten Stadtarchiv. Köln hat ein schlimmes Jahr hinter sich. Viel Grund zur Besinnung. Am Sonntag endet das Kirchenjahr. Gesegneten Advent!
Über die Autorin:
Ursula Ott, 45, ist stellvertretende Chefredakteurin von chrismon, Chefredakteurin von evangelisch.de, Mutter von zwei Kindern und pendelt täglich zwischen Köln und Frankfurt. www.ursulaott.de
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