Empört euch nicht, tauscht Argumente aus!

evangelisch.de
Zum Ausgang der Bundestagswahl 2025
Empört euch nicht, tauscht Argumente aus!
Die Menschen in Deutschland haben gewählt. Die Union ist stärkste Kraft, die AfD erreicht nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF vom Sonntagabend rund 20 Prozent, die SPD verliert deutlich. Die politischen Verschiebungen sind spürbar, doch eines bleibt: Unsere Verantwortung als Gesellschaft. Markus Bechtold, Portalleiter evangelisch.de, plädiert für mehr Überzeugung durch Argumente.

Mit einer Wahlbeteiligung von rund 84 Prozent ist die Demokratie so lebendig wie lange nicht mehr. So viele Menschen wie selten zuvor haben ihre Stimme abgegeben – ein Zeichen dafür, dass das Interesse an politischer Mitgestaltung groß ist. Doch diese lebendige Demokratie ist auch kompliziert. Viele Wählerinnen und Wähler haben sich bewusst für Parteien an den Rändern entschieden – sei es aus Protest oder aus Überzeugung. Das zeigt: Die gesellschaftlichen Herausforderungen sind groß. Lösungen müssen her.

Aber was jetzt? Wut, Angst und Empörung sind keine Ratgeber. Sie bringen uns nicht weiter. Wer sich nur empört, ohne Argumente auszutauschen, verfestigt Fronten. Emotionalisierung ist ein gefährlicher Treiber. Sie verkauft alles – und treibt in die Extreme. Angst, Untergangsstimmung, Hass – all das hat Hochkonjunktur. Doch Hass ist keine Option. Er zerstört das, was eine gute Gesellschaft ausmacht: Zusammenhalt, Respekt, die Fähigkeit, andere Meinungen auszuhalten.

Demokratie lebt vom Austausch. Sie lebt davon, dass Menschen mit unterschiedlichen Ansichten miteinander mit Worten ringen, anstatt sich gegenseitig abzustempeln. Wer sich empört über das, was andere gewählt haben, sollte sich fragen: Habe ich wirklich zugehört? Habe ich verstanden, warum jemand so entscheidet? Oder habe ich es mir zu einfach gemacht?

Das Wahlergebnis fordert uns heraus. Es fordert uns auf, nicht mit Empörung, sondern mit Argumenten zu reagieren. Menschen wählen aus Überzeugung, aus Sorgen oder aus Frust. Wer ihre Stimmen und Anliegen einfach abtut, treibt sie weiter in die Arme derer, die keine Lösungen bieten, sondern nur weiter emotionalisieren.

Jetzt ist die Zeit für Brückenbauer:innen. Für Menschen, die zuhören und versuchen, Gräben zu überwinden. Demokratie bedeutet nicht, dass alle einer Meinung sind, sondern, dass alle eine Stimme haben. Wir müssen einander zuhören, Worte abwägen, aufeinander zugehen. Hass und Hetze dürfen keinen Platz haben. Nur wer diskutiert, kann überzeugen.

Hier kann die evangelische Kirche eine zentrale Rolle übernehmen. Sie steht für Dialog, Verständigung und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie kann Räume schaffen, in denen Menschen unterschiedlicher Meinungen auf Augenhöhe ins Gespräch kommen. Ihre Werte von Nächstenliebe und Respekt helfen, Spaltungen zu überwinden. Ihre Aufgabe ist es, eine klare Haltung gegen Menschenverachtung zu zeigen – und zugleich den offenen Diskurs zu ermöglichen.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, hat das deutlich gemacht. Die Parteien der demokratischen Mitte stehen jetzt vor der Aufgabe, mit dem Wahlergebnis verantwortungsvoll umzugehen. "Die Tage und Wochen vor der Wahl waren geprägt von stark emotionalisierten Debatten, die die gesellschaftliche Stimmung aufgeheizt und polarisiert haben", erklärte Fehrs. Jetzt komme es darauf an, Lösungen zu finden, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Ein weltoffenes Deutschland, in dem Menschenwürde und wechselseitiger Respekt zählen, müsse das Ziel sein.

Es ist also an uns allen: Weniger Empörung, mehr Argumente. Mehr Zuhören, weniger Verurteilen. Sprecht miteinander!