Die Krise lässt die "Ichlinge" wieder solidarisch werden

Die Krise lässt die "Ichlinge" wieder solidarisch werden
Es geht wieder um andere und nicht nur um sich selbst bei den jungen Menschen. Die WIrtschaftskrise hat einer aktuellen Studie zufolge den Menschen unter 35 nicht den Optimismus verdorben, auch wenn die Hoffnung auf den gleichen Wohlstand, wie ihn die Eltern hatten, gesunken ist.

Die Gesellschaft der "Ichlinge" macht in Zeiten der Krise wieder einer neuen Solidarität Platz. "Die Generation um 30 macht die Erfahrung des Aufeinander-Angewiesen-Seins", sagte der Zukunftsforscher Prof. Horst Opaschowski bei der Vorstellung einer aktuellen Studie. Selbst eine Renaissance der Großfamilie zeichne sich ab, als verlässliches soziales Netz der Sorge und Fürsorge. Die junge Generation wolle der Studie zufolge unbedingt anderen Menschen helfen - und mithelfen, eine bessere Gesellschaft zu schaffen. Dabei setze sie auf Wohlbefinden statt auf Wohlstand, erklärt der 68-Jährige: "Wohlhabend ist der, der mit sich zufrieden ist und gut und glücklich leben kann."

Bei "Nullwachstum" und "Nullrunden" trete die Generation ein schweres Erbe an. Wie also soll das Leben nach der Krise aussehen? Welchen Ausgleich gibt es für das sinkende Wohlstandsniveau? Die BAT Stiftung für Zukunftsfragen hat in einer repräsentativen Studie 2000 Menschen befragt, wie sie ihre Zukunft einschätzen. Und - scheinbar - Gegensätzliches herausgefunden: Die große Mehrheit geht davon aus, dass es für sie viel schwieriger wird, "ebenso abgesichert und im Wohlstand zu leben wie die heutige Elterngeneration". Dennoch blicken die meisten mit viel Optimismus in die Zukunft: Trotz aller Krisen wollen die 14- bis 34-Jährigen nicht am Leben "vorbeileben".

Den Jungen geht es um Lebensqualität

Die nächste Generation setze auf andere Werte - eine "Neubesinnung auf das Beständige" nennt das Opaschowski. Statt um Lebensstandard gehe es eher um Lebensqualität: "Nur das garantiert Wohlstand im Sinne von Wohlbefinden und ist nicht mehr von Konjunkturzyklen und Börsenkursen abhängig." Die Generation um die 30 lebe eine "neue Gelassenheit", betont der wissenschaftliche Leiter der Stiftung. "Sie träumt weder von materiellem Überfluss noch ängstigt sie sich vor existenzieller Not." Ganz oben stehe der Wunsch, gesund, glücklich und sorgenfrei leben zu können. Das Streben nach einem sicheren Einkommen sei für die meisten wichtiger, als viel Geld zu haben. Das Fazit der Zukunftsforscher: "Gut leben statt viel haben!"

Auch wenn ihr Lebensstandard sinkt: Als Generation der "Gekniffenen", wie SPD-Vize-Chef Peer Steinbrück es einmal formulierte, sehen sich die jungen Menschen nicht. Sie ändern laut Opaschowski einfach ihren Lebensstil. "Die Generation hilft sich erst einmal selbst, statt auf die Hilfe von anderen zu warten." So sei gut ein Drittel der Befragten zu mehr gemeinnütziger Arbeit im Gegenzug für staatliche Sozialleistungen bereit. Ihr Gesellschaftsideal sei eine Gemeinschaft auf Gegenseitigkeit. Und: Knapp ein Viertel der jungen Leute (22 Prozent) findet es selbstverständlich, wieder mehr sich selbst und gegenseitig zu helfen. Die nächste Generation denkt an andere, weil sie nur so auch für sich selbst sorgen kann: „Das ist eine Form kalkulierter Hilfsbereitschaft, nicht reine Nächstenliebe. In Krisenzeiten müssen sie zusammenrücken, ob sie wollen oder nicht“, so Professor Opaschowski.

Als "pragmatische Generation" sieht der Zukunftsforscher die heute 14- bis 34-Jährigen - mit klaren Lebenszielen, aber ohne Ideologien. Und auf der Suche nach Balance im Leben: "Sie will im Leben etwas leisten. Sie will natürlich auch das Leben genießen."

dpa