Staatsanwalt: NS-Verbrecher müssen weiter verfolgt werden

Staatsanwalt: NS-Verbrecher müssen weiter verfolgt werden
Der Dortmunder Oberstaatsanwalt Andreas Brendel hält die juristische Verfolgung von NS-Verbrechern trotz geringer Erfolgschancen für wichtig. "Wir sind es den Angehörigen der Opfer und den Opfern selbst schuldig, die Taten aufzuklären", sagte der Leiter der nordrhein-westfälischen Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen dem Evangelischen Pressedienst (epd).
09.06.2014
epd
Jasmin Maxwell

Auch wenn die noch lebenden Täter mittlerweile im Rentenalter und nur schwer auffindbar seien, verjähre Mord nicht.

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Brendel ermittelt unter anderem zu dem Massaker von SS-Soldaten im französischen Oradour-sur-Glane am 10. Juni 1944. Bei dem schlimmsten NS-Verbrechen in Frankreich wurden 642 Menschen ermordet. Bis heute wurde nur ein Täter der 130 Mann starken Kompanie verurteilt, Obersturmführer Heinz Barth. Im Juni erhob Brendel Anklage gegen einen Kölner Rentner. Er soll unter anderem an der Erschießung von 450 Frauen und Kindern in einer Kirche beteiligt gewesen sein, die anschließend in Brand gesteckt wurde. Das Landgericht Köln muss noch entscheiden, ob die Klage zugelassen wird.

Aktuell wird in Deutschland nach Brendels Worten noch gegen fünf weitere Männer ermittelt, einer von ihnen lebt in Nordrhein-Westfalen. Es würden zurzeit noch Zeugen vernommen und Verfahrensunterlagen ausgewertet, sagte der Oberstaatsanwalt. Anschließend stelle sich die Frage, ob ein ausreichender Tatverdacht für eine Anklageerhebung bestehe. "Da sieht es im Moment aber schlecht aus", sagte Brendel.

Wie sieht Beihilfe zu Mord aus?

"Es fehlen Zeitzeugen, es fehlen Unterlagen, das macht es nicht gerade einfach", beklagte er. Auch gebe es unter Juristen unterschiedliche Auffassungen darüber, wie Beihilfe zu den Morden aussehe. "Gehört dazu, das Brennmaterial in die Kirche zu tragen? Nach unserer Überzeugung ja, aber dazu gibt es auch andere Auffassungen", sagte der Jurist.

Um mögliche Beweise für die Beteiligung der ehemaligen SS-Soldaten an den Morden in Oradour zu finden und sie aufzuspüren, würden Archive durchsucht und Zeugen befragt. Unter ihnen seien auch Überlebende des Massakers und Angehörige von Opfern. "Zuerst ist man uns sehr skeptisch gegenübergetreten", sagte Brendel. Später hätten die Befragten aber gemerkt, dass die Justizbeamten ihr Anliegen ernst nähmen und ihre Geschichte hören wollten.

Der deutschen und französischen Justiz wurde im Zusammenhang mit Oradour immer wieder Versagen vorgeworfen. "Es hat Einstellungen von Verfahren und unterschiedliche Rechtsauffassungen gegeben, und es hat Fehler gegeben, dass man bestimmte Dinge übersehen hat", sagte Brendel, der selbst seit 2011 zu dem Massaker ermittelt.