Konfliktforscher: Deutschland übernimmt keine Führungsrolle in Krisenregionen

Konfliktforscher: Deutschland übernimmt keine Führungsrolle in Krisenregionen
Trotz des angekündigten verstärkten Engagements in Krisengebieten bleibt Deutschland nach Expertenmeinung noch weit entfernt von einer internationalen Führungsrolle.
07.02.2014
epd
Natalia Matter

"Die leichte Aufstockung der Soldatenzahlen in Mali und die in Aussicht gestellte Entsendung eines Lazarettflugzeuges für die Zentralafrikanische Republik sind eher symbolische Signale", sagte der Konfliktforscher Julian Junk dem Evangelischen Pressedienst (epd).

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Symbole seien wichtig, es dürfe jedoch nicht dabei bleiben. "Ein stärkeres Engagement muss nicht heißen, überallhin Soldaten zu entsenden, sondern sich an der internationalen Diskussion gestaltend zu beteiligen, ob Soldaten entsendet werden oder nicht", sagte der Politologe von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung.

"Bisher ist nicht erkennbar, dass die Bundesregierung eine Führungsrolle bei der Hilfe in einem Krisengebiet wie in Syrien, im Südsudan oder der Zentralafrikanischen Republik übernehmen will", sagte Junk. Gerade dort hätte Deutschland das internationale Engagement mitgestalten können, in dem es viel stärker strategische Fragen gestellt und nötige Mittel bereitgestellt hätte. "Das wirkt immer eher zögerlich. Die militärischen Beiträge und die humanitäre Hilfe sind zwar nicht niedrig, aber man hat nie das Gefühl, dass die deutsche Bundesregierung die Führung übernimmt."

Zurückhaltung ja - Bequemlichkeit nein

Dennoch begrüßte Junk die Ankündigung verschiedener Regierungsmitglieder, das internationale Engagement Deutschlands zu verstärken. "Es ist ein rhetorischer Wandel, aber auch das ist schon ein Wandel." Zurückhaltung, gerade militärisch, sei nicht an sich schlecht. Sie dürfe jedoch nicht durch Bequemlichkeit oder Weltabgewandtheit motiviert sein, sagte der Politologe mit Verweis auf die Wortwahl von Bundespräsident Joachim Gauck, der in der vergangenen Woche mehr deutsches Engagement in der Welt gefordert hat. Die Politik insbesondere der vergangenen Bundesregierung habe diesen Verdacht geweckt.

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Dabei seien auch angebliche Befindlichkeiten der deutschen Bevölkerung vorgeschoben worden. "Die Politiker verstecken sich dahinter, dass die deutsche eine pazifistische Gesellschaft sei", sagte Junk. "Ich bezweifle das." Wenn sinnvolle Entscheidungen offen und ehrlich erläutert würden, gebe es Verständnis dafür in der Bevölkerung. "Doch man hat es in der Vergangenheit versäumt, sich der öffentlichen Diskussion zu stellen."