Staatliche Stellen dürften nicht die universitären Beiräte bestimmen, die die Inhalte der Religion definieren, sagte der Vorsitzende des Hamburger Islamverbandes Schura, Mustafa Yoldas, am Sonntag bei einem Fachkongress in Hamburg. Es gehe nicht an, dass sich der Staat "hierüber einen ihm genehmen Islam formen" wolle, so Yoldas. Der Islam dürfe nicht Mittel der Integrations- oder Sicherheitspolitik sein.
Der Vize-Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinschaft in Hessen, Ünal Kaymakci, beklagte, dass der Staat offenbar einen "Hofislam" anstrebe. Fazli Altin, Präsident der Islamischen Förderation Berlin, lehnte einen Einfluss von Bund und Ländern über die Beiräte ebenfalls ab. Er kritisierte, dass in den Beiräten neben Vertretern der großen Moscheeverbände auch von den Behörden berufene Muslime über Glaubensinhalte mitentscheiden dürften.
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Die Kritik richtete sich auch gegen den Leiter des Münsteraner Zentrums für islamische Theologie, Mouhanad Khorchide. Er hat in Publikationen Ansichten vertreten, die von den Islamverbänden als unvereinbar mit ihren Glaubenstraditionen bezeichnet wurden. Ende vergangenen Jahres hatten die im Koordinationsrat der Muslime zusammen geschlossenen Organisationen Khorchide das Misstrauen ausgesprochen. Weil der Professor an der Tagung teilnahm, hatten die Vertreter bundesweiter Moscheeverbände kurzfristig abgesagt. Nur einige Regionalverbände waren gekommen.
Khorchide wies den Vorwurf staatlicher Einflussnahme zurück. Die Lehrstühle an der Universität Münster seien nach rein wissenschaftlichen Kriterien vergeben worden. Die Akademiker ließen sich keine Vorgaben machen. Der muslimische Religionspädagoge warb darüber hinaus für innerislamische Meinungsvielfalt. Die Frage, wie Koranverse heute zu verstehen sind, müsse immer wieder neu gestellt werden. "Unser Verständnis von Religion muss aktualisiert werden", sagte Khorchide.
Die Hamburger Islam-Professorin Katajun Amirpur wollte nicht ausschließen, dass einige staatliche Vertreter mit Hilfe der islamischen Theologie einen sogenannten Euro-Islam anstrebten. Die Vize-Direktorin der Akademie der Weltreligionen sprach sich jedoch gegen solch eine Instrumentalisierung der Religion aus. Es sei nicht nötig, einen demokratiefähigen Islam neu kreieren zu wollen, weil der bisherige Islam bereits für Werte wie Freiheit und Gleichheit stehe.
Islamische Verbände in Deutschland wollen als Religionsgemeinschaften anerkannt werden. Wie die Kirchen beim Religionsunterricht und der universitären Lehre wollen sie die Inhalte ihres Unterrichts an Schulen und Hochschule selbst definieren. Außerdem wollen sie bei der Anstellung von Lehrern und Professoren mitentscheiden. Allerdings sind die Islamverbände bislang nur in Hamburg und Bremen als Religionsgemeinschaften anerkannt. In einigen Ländern treten Beiräte an ihre Stelle, in denen auch von einer Landesregierung oder Uni benannte Mitglieder sitzen.