Die EU-Regierungen sind laut seinem Entwurf verpflichtet, den Verbrauch von leichten Tüten mit einer Wandstärke von unter 0,05 Millimeter zu verringern. Sie können nach Wahl Verbote erlassen oder zu anderen Maßnahmen wie etwa Steuern oder Abgaben greifen.
###mehr-artikel### Im Moment verbraucht jeder Europäer jährlich rund 200 Plastiktüten, das entspricht mehr als einer Tüte täglich pro Haushalt. Innerhalb Europas ist ein starkes Gefälle erkennbar: Während etwa die Dänen und Finnen mit vier Tüten jährlich auskommen, greifen die Polen, Portugiesen und Slowaken fast 500mal zu einem neuen Plastikbeutel. Die Deutschen liegen mit 71 Tüten jährlich im Mittelfeld.
Die dramatischste Konsequenz ist in den Augen der EU-Kommission, dass die schlecht abbaubaren Tüten zu einem Großteil in die Meere gelangen. Fische, Vögel und Schildkröten verschlucken Folienstücke oder verheddern sich darin. "Im Nordseeraum haben 94 Prozent aller Vögel Plastik im Magen", berichten Experten der Brüsseler Behörde. Ihnen sind derzeit 267 Tierarten bekannt, die unter der Tütenflut zu leiden haben. "Wir haben schon jetzt einen neuen Kontinent, einen Müllkontinent", sagte Potocnik. Auch für die menschliche Gesundheit gebe es ein mögliches Risiko.
Umweltschutz geht vor Binnenmarkt
Die EU-Kommission räumt indirekt selbst ein, dass die EU an den Müllbergen eine Mitschuld trägt. So durften die EU-Länder laut der alten EU-Verpackungsrichtlinie Plastiktüten nicht verbieten. Das Gesetz war 1994 verabschiedet worden, lange vor Potocniks Amtszeit. "Mit dem neuen Gesetz wird der Umweltschutz über den Binnenmarkt gestellt", sagte am Montag ein hoher Kommissionsbeamter. Indessen sind offenbar nicht unbedingt Verbote nötig, um Erfolge zu erzielen: Irland etwa hat mit einer Plastiktüten-Abgabe von derzeit 22 Cent seinen Verbrauch in zehn Jahren um 95 Prozent gesenkt.
###mehr-links### In Deutschland sprechen sich Umweltbundesamt und Umweltorganisationen ebenfalls für Steuern oder Abgaben aus. "Die Steuer hätte sogar einen doppelten Nutzen, da neben der sinkenden Umweltbelastung durch die anfänglichen Einnahmen die Entwicklung neuer recycelbarer und zugleich bioabbaubarer Kunststoffe gefördert werden kann", erklärte der Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Berlin. Der Europaparlamentarier und Industriepolitiker Herbert Reul (CDU) warnte indessen vor einem gesetzlichen Flickenteppich in Europa und verlangte, die Entsorgung und das Recycling zu verbessern.
Das Europaparlament und die 28 EU-Regierungen müssen den Plänen Potocniks noch zustimmen. Nach Inkrafttreten der Richtlinie will die EU-Kommission die Erfolge überprüfen. "Unsere Vorschläge sind bislang nicht sehr aufwändig. Wenn die Ergebnisse ausbleiben, müssen wir eventuell noch weiter gehen", sagte der Umweltkommissar.