Evangelische Pfarrer hätten häufig viele Kinder gehabt, deren Werdegang vom Umfeld besonders genau beobachtet worden sei, sagte die Wissenschaftlerin am Montag in Esslingen beim württembergischen Pfarrertag. Den Söhnen habe man eine Ausbildung, den Töchtern eine Aussteuer verschaffen müssen.
###mehr-artikel###Bis ins 20. Jahrhundert habe es eine tiefe Kluft zwischen der Pfarrfamilie und der übrigen Bevölkerung gegeben, die historisch in der unterschiedlichen Bildung begründet gewesen sei. Privatkontakte von Pfarrern zu Bauern und Handwerkern habe es kaum gegeben, es habe Einsamkeit im Pfarrhaus geherrscht. Deshalb sei in manchen Fällen von einer "beschwerlichen Melancholie" bei den Pastoren die Rede gewesen, erläuterte Köhle-Hezinger. Zudem habe es bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts fast überall Streit um die Menge der Naturalien gegeben, die die Gemeindemitglieder bei der Pfarrfamilie abgeben mussten.
Im 19. Jahrhundert habe sich die Bildungskluft noch vergrößert. Damals seien 75 Prozent der Pfarrer aus dem Beamtenstand gekommen, nur drei Prozent hatten eine bäuerliche Herkunft und keiner den Hintergrund einer Fabrikarbeiterfamilie gehabt. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts sei die Hälfte der Besucher theologischer Seminare miteinander verwandt gewesen. In der DDR habe das Eigenleben der Pfarrhäuser dazu geführt, dass sie oft ein Kulturzentrum und ein Ort des Widerstandes gewesen seien - "manchmal eine Insel der Seligen, oft ein Hort der Bedrückten", sagte die Volkskundlerin.