Göring-Eckardt verzichtet auf Spitzenamt in der EKD

Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Katrin Göring-Eckardt tritt als Präses der EKD-Synode zurück.
Göring-Eckardt verzichtet auf Spitzenamt in der EKD
Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt zieht sich von der Spitze des Parlaments der evangelischen Kirche zurück. Sie wolle sich "mit ganzer Kraft" in ihrer Partei engagieren. Anfang November wählt die Kirche einen neuen Spitzenrepräsentanten.

Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt verzichtet auf ihr Präsesamt an der Spitze der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Sie sehe für sich die Aufgabe, "mit ganzer Kraft" an der künftigen Entwicklung ihrer Partei mitzuwirken, erklärte Göring-Eckardt am Donnerstag in Berlin. Die 47-Jährige hatte am Dienstag angekündigt, sich für den Vorsitz der Bundestagsfraktion der Grünen zu bewerben. Die neue Fraktionsspitze wird am 8. Oktober gewählt.

Bis zur Neuwahl eines Synodenpräses durch das Kirchenparlament Anfang November werden die beiden Vizepräsides Günther Beckstein und Klaus Eberl die Leitungsaufgaben wahrnehmen, wie die EKD in Hannover mitteilte. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider äußerte Verständnis für Göring-Eckardts Entscheidung. Sie habe sich "in hervorragender Weise" um die  Kirche verdient gemacht. 

Der Reformprozess der EKD habe ihr am Herzen gelegen

Als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl hatte Göring-Eckardt seit November 2012 das Präsesamt ruhen lassen, das sie seit 2009 innehatte. Einigen konservativen Protestanten ging das damals schon nicht weit genug, sie wünschten sie einen kompletten Rückzug Göring-Eckardts von der Synodenspitze, um Konflikte mit parteipolitischem Engagement auszuschließen. Ihre Amtszeit hätte 2015 geendet.

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Zu ihrer Entscheidung sagte Göring-Eckardt: "Ich bin dankbar für das engagierte Zusammenwirken von Synode, Kirchenkonferenz und Rat. Gemeinsam konnten wir viel bewirken." Es gehöre aber zu ihrem Selbstverständnis, anvertraute Ämter und Aufgaben mit ganzer Kraft auszufüllen. "Daher lege ich mein Amt als Präses der Synode mit sofortiger Wirkung nieder", ergänzte die Thüringerin. Mitglied des Kirchenparlamentes wolle sie weiter bleiben.

Der EKD-Ratsvorsitzende Schneider sagte über die scheidende Präses: "Als 'geborenes Mitglied' des Rates hat sie eine wichtige Scharnierfunktion zwischen dem Rat und der Synode wahrgenommen." Besonders habe Göring-Eckardt der Reformprozess der EKD am Herzen gelegen. In der Steuerungsgruppe für den Reformprozess "Kirche im Aufbruch" hatte sie den Vorsitz inne.

Sie bringt sich weiterhin in die Synode ein

Die beiden Synoden-Vizepräsidenten Beckstein und Eberl bescheinigten Göring-Eckardt, ihre kreativen Impulse hätten Präsidium und Synode außerordentlich gut getan. In der Öffentlichkeit habe sie das evangelische Kirchenparlament hervorragend präsentiert, etwa durch ihre Rede bei der Begegnung mit Papst Benedikt XVI. im September 2011 im Augustinerkloster in Erfurt. "Wir freuen uns sehr, dass Katrin Göring-Eckardt ihre Kompetenzen weiterhin in die Synode einbringen wird", ergänzten Beckstein und Eberl.

Der Amtsverzicht macht die Neuwahl eines Präses für die EKD-Synode erforderlich. Diese ist für die nächste Tagung des Kirchenparlaments geplant, die vom 10. bis 13. November in Düsseldorf stattfindet.

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Die Synode mit 126 Mitgliedern ist wie der EKD-Rat ein Leitungsgremium. Aufgabe der Synode, die in der Regel einmal jährlich zusammentritt, ist es, die Arbeit der EKD und kirchliche Fragen zu beraten. Dazu gehören Beschlüsse über den EKD-Haushalt, Kirchengesetze und Kundgebungen für die Öffentlichkeit. Zusammen mit der Kirchenkonferenz als Vertretung der Landeskirchen wählt das Kirchenparlament den Rat und aus dessen Mitte den Ratsvorsitzenden. Zur evangelischen Kirche gehören 23,6 Millionen Christen in Deutschland.

Göring-Eckardt kam über die kirchliche Widerstandsbewegung in der DDR in die Politik. Geboren im thüringischen Friedrichroda hat sie in Leipzig evangelische Theologie studiert. 1989 war sie bei "Demokratie jetzt" und "Bündnis 90" engagiert. Später gehörte sie dem thüringischen Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen an, ehe sie 1998 als Abgeordnete in den Bundestag einzog. 2005 wurde sie schließlich Bundestagsvizepräsidentin und übte dieses Amt auch in der zu Ende gegangenen Legislaturperiode aus.

Göring-Eckardt ist seit vielen Jahren auch beim Deutschen Evangelischen Kirchentag engagiert, verantwortete 2010 das Protestantentreffen in Dresden als Präsidentin. Und auch die Arbeit in den Gemeinden ist der Mutter von zwei Söhnen bestens vertraut. Sie gilt als versöhnlich und besonnen. Als im vergangenen Jahr das Amt des Bundespräsidenten 2012 neu zu besetzen war, wurde Göring-Eckardt sogar als mögliche Kandidatin gehandelt. Im März 2012 wurde jedoch mit großer Mehrheit Joachim Gauck zum neuen Bundespräsidenten gewählt.

Ihre Nominierung um den Spitzenposten in der Grünen-Fraktion indes wird zur Kampfkandidatur. Die Wirtschaftsexpertin Kerstin Andreae will sich ebenfalls um das den Realos zustehende Amt bewerben, wie ihr Büro bestätigte. Für das linke Lager der Grünen ist Anton Hofreiter im Gespräch.

Göring-Eckardt, die zur Zeit der rot-grünen Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) die Sozialkürzungen im Zuge der Agenda 2010 verteidigte, wirbt heute für soziale Gerechtigkeit. Sie trete für mehr Zusammenhalt, eine "bessere Gesellschaft" ein, hat sie während des Wahlkampfs immer wieder betont. Von Menschen, die Transferleistungen erhalten, könne die Gesellschaft viel lernen, sagt sie. Mit ihrem Aufstieg an die Spitze der Partei könnte grüne Sozialpolitik wieder ein stärkeres Gewicht bekommen.