Das Bundesverwaltungsgericht hat die Rechte von Umweltschützern erheblich gestärkt. Umweltverbände können künftig die Einhaltung von Vorschriften zur Luftreinhaltung gerichtlich geltend machen, erklärten die Richter am Donnerstag in Leipzig. Hintergrund des Urteils war eine Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen das Land Hessen.
Das Land ist zuständig für den Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main, darunter auch Darmstadt. Schon seit Jahren werden dort die Grenzwerte für Stickstoffdioxid regelmäßig überschritten, weswegen der Verband Klage einreichte. (BVerwG 7 C 21.12 - Urteil vom 05. September 2013)
Schutz von slowakischen Braunbären
Die Deutsche Umwelthilfe sprach von einer "Revolution im Umweltrecht". Vom Urteil zeigte sie sich "positiv überrascht". Das Bundesverwaltungsgericht habe einen mutigen Weg gewählt. "Die Umweltverbände können jetzt jeden Verstoß gegen europäisches Umweltrecht einklagen", erklärte ein Sprecher der Umwelthilfe.
Eine Klageflut befürchte er jedoch nicht, weil die Verbände schon in der Vergangenheit mit "Augenmaß" agiert hätten. Er hoffe jedoch darauf, dass die Behörden künftig präziser arbeiten. Künftig wolle sich die Umwelthilfe zum Beispiel dafür einsetzen, dass mehr saubere Busse eingesetzt werden, um den Stickoxidanteil in der Luft zu reduzieren.
Mit dem Urteil folgten die Verwaltungsjuristen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs von 2011. Dieses hatte vor zwei Jahren im Rechtsstreit um den Schutz von slowakischen Braunbären Umweltschutzverbänden Beteiligungsrechte im Verfahren zugesprochen.
Novum für die Klagepraxis
Gleichzeitig gaben die Leipziger Richter der Vorinstanz, dem Verwaltungsgericht Wiesbaden, Recht. Dieses hatte das Land Hessen verpflichtet, den für die Stadt Darmstadt geltenden Luftreinhalteplan entsprechend zu ändern. Zu den Maßnahmen zählte auch die Einführung einer Umweltzone. Dabei folgte das Gericht schon damals der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vom März 2011.
Das Urteil ist ein Novum für die Klagepraxis deutscher Umweltverbände. Denn bislang durften sie nur dann klagen, wenn ein Planfeststellungsverfahren oder eine Umweltverträglichkeitsprüfung geplant oder vorgenommen wurden, etwa im Zusammenhang mit einem Straßen- oder Flughafenausbau.
Ein Klagerecht war bislang jedoch nicht vorgesehen, wenn der Staat etwas unterlässt, wie im Falle der Verringerung der Luftverschmutzung. Dort konnten nur betroffene Bürger vor Gericht ziehen. "Viele haben jedoch während des langwierigen Prozesses aufgegeben und sind weggezogen", erklärte die Umwelthilfe das Problem.