TV-Tipp des Tages: "Homevideo" (Einsfestival)

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TV-Tipp des Tages: "Homevideo" (Einsfestival)
TV-Tipp des Tages: "Homevideo", 18. August, 20.15 Uhr auf Einsfestival
Jakob ist ein ganz normaler Teenager - bis ein intimer Film über ihn ins Internet gerät. Der Film zeigt, wie ein 15-Jähriger im Netz gemobbt wird, bis er zerbricht.

Die meisten Eltern dürften wissen, was sich hinter dem Modebegriff "Mobbing" verbirgt; vorausgesetzt, sie haben ihre Schulzeit nicht verdrängt. Ganz abgesehen davon gibt es ja auch das Mobbing am Arbeitsplatz: Vermeintliche Opfer, Schwächere also, werden gezielt ausgegrenzt und mitunter bis zum Psychoterror zur Zielscheibe von Hänseleien und Schmähungen. "Cyber-Mobbing" (oder auch "Cyber-Bullying") aber ist ein Phänomen der Neuzeit. Es trifft überwiegend Jugendliche, die plötzlich im Mittelpunkt einer regelrechten virtuellen Hetzkampagne stehen.

Wie sich so was entwickeln kann, zeigt der Fernsehfilm "Homevideo" auf ebenso fesselnde wie bestürzende Weise. Zentrale Figur ist Jacob, ein ganz gewöhnlicher 15-Jähriger. Er ist zwar in sich gekehrt, aber keineswegs der typische Außenseiter. Seine fatale Internetprominenz ergibt sich daher auch eher zufällig: Jacob ist heimlich in Mitschülerin Hannah verliebt. Eines Tages filmt er sich beim Onanieren und sagt dazu ihren Namen. Als sich zwei Klassenkameraden seine Kamera ausleihen, nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

Jacobs Leben gerät aus den Fugen

Natürlich muss Autor Jan Braren in seinem ersten verfilmten Drehbuch die Realität ein wenig konstruieren, um die Rahmenbedingungen in die denkbar ungünstigste Konstellation zu bringen: Jacob ist nicht zuhause, als die beiden Jungs vor der Tür stehen. Seine Mutter kommt gar nicht auf die Idee, die Speicherkarte aus der Kamera zu nehmen. Und selbst wenn, hätte sie es vermutlich ohnehin vergessen: Jacobs Eltern streiten sich täglich, die Mutter wird ausziehen.

Der Junge hat es also schon schwer genug, aber nun gerät sein Leben komplett aus den Fugen: Mitschüler Henry (Jannik Schümann), ein notorischer Provokateur, gibt ihm zwar die Kamera zurück, will aber 500 Euro für die Speicherkarte. Als Jacobs Vater, ein Polizist, mit dem Streifenwagen bei Henrys Elternhaus vorfährt, ist die Karte zwar wieder da, der Spuk aber nur scheinbar beendet: Henry hat selbstredend eine Kopie des Films. Aus Rache sorgt er dafür, dass Jacobs Selbstbefriedigung über Nacht auf den Laptops und mobilen Telefonen aller Schüler zu sehen ist. Tags drauf wird Jacobs Schulbesuch zum Spießrutenlaufen. Hannah, bei der sein stilles Schwärmen Erfolg hatte, will prompt nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ihr Vater überlegt, ob er rechtliche Schritte wegen sexueller Nötigung einleiten soll.

Keine Zuflucht dank der Omnipräsenz des Internets

"Homevideo" ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswerter Film, und das nicht nur des Themas wegen. Die realitätsnahe Inszenierung durch Kilian Riedhof und die Bildgestaltung durch Benedict Neuenfels lassen einen hautnah miterleben und nachvollziehen, was Jacob durchmacht. Dass man sich auch dann kaum distanzieren kann, wenn die Handlung kaum noch auszuhalten ist, verdankt der Film aber vor allem Jonas Nay. Der junge Mann ist zu Recht beim Deutschen Fernsehpreis mit dem Förderpreis ausgezeichnet worden, "Homevideo" zudem als bester Fernsehfilm; den Grimme-Preis gab es ebenfalls. Nicht minder überzeugend sind Wotan Wilke Möhring und Nicole Marischka als Jacobs Eltern. Sie repräsentieren den Kollaps der vertrauten Strukturen, denn dank der Omnipräsenz des Internets gibt es für den Jungen keine Zuflucht mehr.

Als er sich eine neue Schule anschaut, genügt der Seitenblick eines Schülers, um klar zu machen: Das Video ist wie ein Virus; es wird immer vor ihm da sein. Das schlimmste aber ist die komplette Hilflosigkeit all jener Institutionen, die früher verlässliche Zuflucht boten. Eltern und Lehrer sind völlig überfordert. Auch der Aktionismus von Jacobs Vater kann allenfalls zur Folge haben, dass Henry als Schuldiger entlarvt wird. Das Video aber wird für immer im Netz bleiben. Die Konsequenz, die der Junge zieht, ist daher nicht überraschend; und dennoch schockierend.