Darunter seien erstmals etwa 140.000 Menschen mit einer beginnenden Demenz, die bislang keinen Anspruch auf Pflegegeld gehabt hätten, erklärte der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) am Mittwoch in Essen. Patientenschützer zweifelten die Zahlen an.
###mehr-artikel###Die Prognose basiert auf Pflege-Begutachtungen des ersten Quartals 2013, die auf das gesamte Jahr hochgerechnet wurden. Die Mehrleistungen gibt es seit Jahresanfang, als das sogenannte Pflegeneuausrichtungsgesetz in Kraft trat. Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, wertete die Prognose als Erfolg der schwarz-gelben Koalition. Zudem würden die Anträge nun in der Regel innerhalb von vier Wochen bearbeitet.
Insgesamt seien im ersten Quartal fast 376.000 Aufträge für Pflegebegutachtungen zu Hause eingegangen und damit 15 Prozent mehr als 2012. "Diese Steigerung dürfte bereits ein Effekt der Leistungsverbesserungen für Menschen mit Demenz sein", erklärte MDS-Geschäftsführer Peter Pick. Allerdings könnten die besseren Leistungen nur ein Zwischenschritt zu einem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff sein. Dieser müsse in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden, forderte Pick. Denn damit werde der Hilfebedarf von Demenzkranken und gebrechlichen Menschen gleich bewertet. Dies werde zu weiteren Leistungsverbesserungen für viele Demenzkranke führen.
Zusammenhang mit Bundestagswahl?
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz äußerte sich angesichts der Zahlen skeptisch. Es sei vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen "sehr gewagt und unseriös" die Anträge aus dem ersten Quartal hochzurechnen, erklärte Vorstand Eugen Brysch. Die Zahl der Neuanträge sei niedriger als erwartet. Es sei von einer Million Demenzkranker auszugehen, die bisher keine Leistungen erhalten haben. Offenbar gehe es darum, vor der Bundestagswahl Erfolge zu verkünden, die bei genauer Betrachtung eher spärlich ausfielen.
Bis zum Jahreswechsel hatten Menschen mit Demenz lediglich Anspruch auf "zusätzliche Betreuungsleistungen" in Höhe von 100 oder 200 Euro pro Monat. Sie hatten meistens keine Pflegestufe, weil sie im Anfangsstadium noch körperlich gesund sind und sich selbstständig waschen und anziehen können.