"Leider hält sich sogar unter Ärzten die überholte Lehrmeinung, Neugeborene und Säuglinge würden weniger oder gar keinen Schmerz empfinden", sagte der auf die Schmerztherapie von Kindern spezialisierte Professor Boris Zernikow von der Kinder- und Jugendklinik Datteln dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Neugeborene empfänden sogar mehr Schmerzen als Erwachsene, weil das schmerzunterdrückende System erst einige Monate nach der Geburt funktionstüchtig ist.
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Die Folge einer Beschneidung wenige Tage nach der Geburt sei eine Veränderung im Gehirn. "Es kann sich ein Schmerzgedächtnis bilden", sagte Zernikow. In späteren Jahren sei die Schmerzschwelle der Beschnittenen deutlich niedriger, damit sei die Gefahr chronischer Schmerzen höher.
Das Landgericht Köln hatte Ende Juni die religiöse Beschneidung minderjähriger Jungen, die bei Juden wie Muslimen üblich ist, als Körperverletzung eingestuft. Als Reaktion auf das Urteil kündigten mehrere Ärzte und Kliniken an, zunächst keine religiösen Beschneidungen mehr vorzunehmen. Der Bundestag hat die Bundesregierung aufgefordert, bis zum Herbst einen Gesetzentwurf vorzulegen, in dem die Entfernung der Vorhaut aus religiösen Gründen erlaubt wird.