TV-Tipp: "Tod in der Bucht – Ein Kreta-Krimi"

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6. März, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Tod in der Bucht – Ein Kreta-Krimi"
Eigentlich wollte sich Eleni Theodoraki (Naomi Krauss) mit ihrer Familie versöhnen, aber nun besteht eine ihrer ersten Amtshandlungen darin, den Bräutigam ihrer Nichte zu verhaften; einen Tag vor der Hochzeit.

Wenn die ARD im Ausland drehen lässt, sollen Land und Leute selbstredend angemessen zur Geltung kommen; sonst könnte die Geschichte ja auch in unseren Breiten spielen. Deshalb gibt es ungeschriebene Gesetze, an die sich die Produktionen halten müssen. Dazu gehören zum Beispiel Kameraflüge über eine Landschaft, die nicht mal malerisch sein muss, aber "anders" sein sollte. Wichtig ist auch ein gewisser Folkloreanteil, gern in Form von Musik und Tänzen, die man sofort mit der jeweiligen Kultur assoziiert. Unabdingbar ist zudem die Verwendung bekannter Begriffe aus der jeweiligen Landessprache, weshalb die Menschen in diesem ersten "Kreta-Krimi" nicht "okay", sondern "endáxi" sagen. 

Einige einheimische Mitwirkende geben darüber hinaus zwischendurch auch mal ganze Sätze auf Griechisch von sich. Das ist zwar verwirrend, stört aber nicht weiter, zumal "Tod in der Bucht" eine interessante Geschichte erzählt, auch wenn sie zwei typische Krimi-Elemente enthält: Die neue Ermittlerin wird schon am Tag vor ihrem offiziellen Dienstbeginn zu einem Tatort gerufen. Außerdem ist sie in die alte Heimat zurückgekehrt, wo sie prompt mit den Geistern ihrer Vergangenheit konfrontiert wird: Eigentlich wollte sich Eleni Theodoraki (Naomi Krauss) mit ihrer Familie versöhnen, aber nun besteht eine ihrer ersten Amtshandlungen darin, den Bräutigam ihrer Nichte zu verhaften; einen Tag vor der Hochzeit.

Prompt ist die persönliche Ebene fast fesselnder als der Mordfall, zumal Drehbuchautor Christoph Busche erst mal offen lässt, warum Eleni, neue Leiterin des Morddezernats, Kreta vor vierzig Jahren verlassen und damit auch jeden Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen hat. Die Begrüßung durch ihre ältere Schwester Marina (Oda Thormeyer) ist entsprechend frostig.

Auch der Großneffe Alexis (Danilo Kamperidis aus der Netflix-Serie "How to Sell Drugs Online (Fast)") bleibt erst mal auf Distanz: Der Streifenpolizist wollte immer zur Kripo und fürchtet nun, alle würden denken, dass er die Versetzung nur seiner Großtante zu verdanken hat. Außerdem ist er daran gewöhnt, die Dinge unbürokratisch zu regeln, aber für Eleni muss er sich an die Regeln halten. Immerhin freut sich Nichte Niki (Sotiria Loucopoulos), ihre Tante kennenzulernen, und Elenis Mitarbeiterin Penelope (Franziska von Harsdorff) ist ohnehin von der neuen Chefin begeistert. 

Die Ermittlungsebene lebt vor allem von den Verdächtigen und ihren Darstellern: Der örtliche Baudezernent ist beim Schwimmen im Meer vorsätzlich von einem Jet-Ski überfahren worden. Der Mann war erst kurze Zeit im Amt, hat sich aber bereits eine Menge Feinde gemacht: Er hat nicht nur dafür gesorgt, dass die Brandschutzvorschriften eingehalten werden, sondern auch den Abriss illegaler Bauten befohlen. Der erste Verdacht fällt daher auf einen Tavernenbesitzer (Michael Sideris), der seine schon vor Jahrzehnten gebaute Terrasse entfernen soll.

Er ist stinksauer, weil er sein Lokal dann auch gleich ganz schließen könnte, denn die Gäste kommen vor allem wegen des Ausblicks. Von der einzigen Baugenehmigung in den letzten Monaten profitiert ausgerechnet Jorgos Simonidis (Hannes Wegener): Niki und ihr zukünftiger Mann wollen ein kleines Hotel errichten. Jorgos und der Beamte haben zusammen in Athen studiert, die Genehmigung wirkt wie eine Gefälligkeit, aber zwischenzeitlich haben sich die beiden Freunde offenbar zerstritten.

Die faszinierendste Figur des von Constanze Knoche solide, aber unauffällig inszenierten Films ist jedoch ein Mann, dem laut Alexi "die halbe Insel" gehört. Die Besetzung dieser Rolle sorgt zumindest beim regelmäßigen Publikum der Donnerstagskrimis im "Ersten" für einen Déjà-vu-Effekt: Thomas Sarbacher war sechs Filme lang als Kopf der regionalen Mafia-Filiale Gegenspieler der Kommissarin im "Bozen-Krimi" (2016 bis 2019) und hat sich in zwei "Irland-Krimis" vom Geliebten der weiblichen Hauptfigur zur psychisch gestörten Bedrohung wandelt.

Sollte es noch weitere "Kreta-Krimis" geben, was wie immer davon abhängt, ob möglichst viele Menschen einschalten, bleibt Sarbacher der Reihe hoffentlich erhalten, und das nicht nur, weil Evangelos Anarakis ein erfolgreicher Krimineller ist: Er war Elenis Jugendliebe; aber das ist bei Weitem nicht das einzige, was die zwei miteinander verbindet. Nikis Satz "Lügen machen alles kaputt" bezieht sich zwar auf ihre Beziehung zu Jorgos, gilt aber auch für Eleni. Selbst wenn der Knüller, den Busche schließlich präsentiert, nicht völlig überraschend kommt: Die familiäre Konstellation birgt viel Potenzial für eine Fortsetzung.