Initiative legt Gutachten für große Pflegereform vor

Initiative legt Gutachten für große Pflegereform vor
Die Initiative Pro-Pflegereform hat ein drittes Reformkonzept für die Pflegeversicherung vorgelegt. Und hofft auf Anschlussfähigkeit in der Politik. Denn auch im Sondierungspapier steht eine Pflegereform. Die Zeit scheint günstig für neue Impulse.

Berlin, Stuttgart (epd). Die Initiative Pro-Pflegereform fordert von der künftigen Bundesregierung den umfassenden Umbau der Pflegeversicherung. Nötig sei eine neue Finanzstruktur, um eine „Vollversicherung mit begrenzten Eigenanteilen“ zu schaffen, hieß es bei der Vorstellung eines Gutachtens am Freitag in Berlin. Das Gesamtkonzept komme ohne die Aufteilung in ambulant und stationär aus. „Stattdessen ermöglicht es individuelle Pflegearrangements nach dem Prinzip Wohnen und Pflege und wirft damit Bürokratielasten über Bord.“

Die Diakonie Deutschland begrüßte den Reformansatz. Vorständin Elke Ronneberger forderte: „Jetzt müssen Taten folgen. Ziel muss eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung sein.“

Mit dem dritten Gutachten zur „Alternativen Ausgestaltung der Pflegeversicherung“ gibt es dem Bündnis zufolge jetzt eine überzeugende Vorlage für eine große Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung. Die Studie füge nach acht Jahren anhaltender Vorschläge aus 26 Positionspapieren zusammen.

Eine Neuausrichtung der Pflegekasse sei unumgänglich, hieß es zur Begründung. Mit Blick auf die Versäumnisse der Vergangenheit, die Pflegeversicherung tragfähig zu sanieren, sagte Bernhard Schneider, Sprecher der Initiative und Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung in Stuttgart: „Die zukünftigen Koalitionäre Union und SPD versprechen eine große Pflegereform. Wir liefern die Blaupause dafür.“

Auf knapp 100 Seiten wird ein Gesamtkonzept für Reformschritte vorgelegt, die der Gesundheitsökonomen Heinz Rothgang von der Universität Bremen maßgeblich erstellt hat. Das Papier lege einen Zeitplan mit drei aufeinander aufbauenden Reformschritten von 2026 bis 2030 vor.

Rothgang selbst erinnerte daran, dass die Versprechen, die mit der Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung vor 30 Jahren gegeben wurden, heute nicht mehr haltbar seien. Pflege sollte ursprünglich pflegebedürftige Menschen nicht zu Almosenempfängern machen. Doch genau das geschehe seit Jahren, denn die Eigenanteile von Menschen in Pflegeheimen stiegen stetig an und lägen im Durchschnitt bei 2.500 Euro im Monat.

„Deshalb müssen Reformen, die schon 2026 greifen können, den Eigenanteil begrenzen“, forderte der Experte. Er nannte einen Betrag von maximal 700 Euro, den Betroffene künftig zahlen sollen. Zuletzt eingeführte Leistungszuschläge in der Heimunterbringung hätten den Anstieg der Kosten für Pflegebedürftige nur verlangsamt.

Diakonievorständin Ronneberger warb ebenfalls dafür, die Pflegeversicherung von einem Teilleistungssystem zu einer Pflegevollversicherung mit begrenzter Eigenbeteiligung weiterzuentwickeln. Das Gutachten zeige, dass Pflege auch in Zukunft bezahlbar bleiben und der Beitragssatz nachhaltig stabilisiert werden könne.

Andreas Wedeking, Geschäftsführer des Verbandes katholischer Altenhilfe in Deutschland, verlangte, die Grenzlinie zwischen ambulanter und stationärer Versorgung aufzuheben: „Die Pflegeleistung muss an den Bedarfen der Menschen ausgerichtet sein.“

Beauftragt wurde das Gutachten von der Initiative Pro-Pflegereform, die sich seit 2016 bundesweit für eine Pflegereform einsetzt. Die Initiative wird von mehr als 120 Pflegeunternehmen mit 1.000 Pflegeheimen und 300 Pflegediensten sowie über 60 Verbände und Organisationen unterstützt.