TV-Tipp: "Die Drei von der Müllabfuhr: Schutzgeld"

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14. März, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Die Drei von der Müllabfuhr: Schutzgeld"
Eine neue Route führt die drei von der Berliner Müllabfuhr durch Neukölln. Dort fallen ihnen alsbald drei Halbstarke auf. Die Taugenichtse treiben allerdings nicht bloß Unfug: Sie zwingen die Ladenbesitzer "ihrer" Straße zu Schutzgeldzahlungen.

Freitags im "Ersten" ist die Welt zwar nicht komplett in Ordnung, aber in der Regel lebenswert. Natürlich gibt es Konflikte, doch die lassen sich stets bewältigen. Die Geschichten verbreiten zudem eine Haltung, die von Toleranz geprägt ist: Diversität ist hier kein Schlagwort, sondern Alltag. Die Menschen sind unterschiedlich, doch alle haben ohne Ansehen der Person die gleichen Rechte, ganz unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Religion.

Gemessen an diesen Voraussetzungen fällt "Schutzgeld", der zwölfte Film aus der Reihe mit Uwe Ochsenknecht, ganz erheblich aus dem Rahmen: Wer bislang der Meinung war, Flüchtlinge brächten nur Unheil ins Land, wird sich bestätigt fühlen. Es ist also recht dünnes Eis, auf das Drehbuchautor Gernot Gricksch sein Titeltrio schickt: Eine neue Route führt die drei von der Berliner Müllabfuhr durch Neukölln. Dort fallen ihnen alsbald drei Halbstarke mit offensichtlichem Migrationshintergrund auf. Die Taugenichtse treiben allerdings nicht bloß Unfug: Sie zwingen die Ladenbesitzer "ihrer" Straße zu Schutzgeldzahlungen.

Einer lässt sich das nicht gefallen: Mohammed, genannt Momo (Husam Chadat), Inhaber des Döner-Imbisses, bei dem Werner und seine Kollegen Tarik und Motte (Aram Arami, Marc Oliver Schulze) regelmäßig Mittag machen, sieht überhaupt nicht ein, den Teenagern jede Woche 100 Euro zu zahlen. Als die drei Müllmänner wieder mal bei Momo einkehren, bekommen sie die Konsequenzen mit: Ein Pflasterstein fliegt durch die Glasscheibe. Als der "Dönermann" den Täter stellt, wird der Teenager auch noch frech. 

Zum Sozialdrama wird der Film, weil Werner überzeugt ist, dass einer der Jungs im Grunde kein übler Kerl ist. Die Eltern von Khalid (Almountaser Alchltouh) sind einst aus Syrien geflohen, als er noch ein kleines Kind war; der Vater ist während der Flucht gestorben. Nun ist sein älterer Cousin Ahmad (Victor Kadam) quasi das Oberhaupt der Familie. Khalid hat zwar das gleiche großtuerische Gehabe drauf, aber eigentlich wäre er seiner Mutter (Saman Giraud) viel lieber ein guter Sohn. Motte, im früheren Leben Gefängnispfarrer, stellt ihm einen Mann vor, der vor vielen Jahren ebenfalls an einer Lebensweggabelung stand und sich für die falsche Richtung entschieden hat.

Heute betreibt Kaplan (Yasin El Harrouk) einen Kampfsportclub, aber zunächst musste er den Umweg über den Knast nehmen; dort wird auch Khalid landen, wenn er so weitermacht. Der Junge ist einsichtig, doch dann unter dem Druck seines Vetters dennoch drauf und dran, eine richtig große Dummheit zu begehen.

Ähnlich anspruchsvoll ist der zweite Handlungsstrang. Anhand der Beziehung von Tarik und Werners Tochter Annika (Laura Louisa Garde) erörtert Gricksch die Frage, ob Gefühle allein als Beziehungsbasis auf Dauer genügen: An ihrer Liebe kann es keinen Zweifel geben, aber ihre Interessen sind gänzlich unterschiedlich. Annika verbringt ihre Freizeit daher zunehmend mit ihrem Chef, der nach Tariks Überzeugung nicht nur ihre Begeisterung für anspruchsvolle Theaterstücke und Programmkinofilme, sondern auch das Bett mit ihr teilt. Damit es nicht ausschließlich dramatisch zugeht, sorgt eine dritte Ebene mit den Vorbereitungen für die Hochzeit von Werner und Gabi (Adelheid Kleineidam) für Abwechslung. Werners Freund und Trauzeuge Rüdiger (Rainer Strecker) hat es sich in den Kopf gesetzt, dem Paar eine unvergessliche Fahrt zum Standesamt zu bescheren: mit einem rot lackierten Plymouth Fury Baujahr ’58, ausgerechnet jenem Auto, dem Stephen King mit seinem Horrorklassiker "Christine" (1983) und kurz drauf John Carpenter mit seiner Verfilmung ein grausiges Denkmal gesetzt haben.

Was bei der Umsetzung dieses Plans alles schiefgeht und weshalb die abschließende "Kutschfahrt" dennoch für einen umso bewegenderen Schluss sorgt, ist ebenso sympathisch ausgedacht wie umgesetzt. Sehr witzig sind auch nur die Szenen mit Werners Kollegen Specki und Danny (Frank Kessler, David Bredin), die bei ihrer Testfahrt mit einem völlig neuen und komplett durchdigitalisierten Müllauto allerhand Probleme haben; selbst mit der Beschallung aus dem Bordcomputer.

Die musikalische Auswahl, stets mit Bezug zur Handlung, ist ohnehin sehr durchdacht und hat einen vor allem für den älteren Teil des Publikums verblüffenden Moment zur Folge, als Werner und Motte erst einen Beatles-Klassiker zum Besten geben und anschließen mit Tarik und einer Mülltonne das legendäre Zebrastreifen-Cover des Beatles-Albums "Abbey Road" nachstellen. Regie führte wie schon beim letzten Film Christiane Balthasar.