Schuster: Parteien müssen Menschen von ihrer Politik überzeugen

Schuster: Parteien müssen Menschen von ihrer Politik überzeugen
25.02.2025
epd
epd-Gespräch: Daniel Staffen-Quandt

Würzburg (epd). Eine neue Bundesregierung darf nach Ansicht des Zentralratspräsidenten der Juden in Deutschland, Josef Schuster, keine reine Zweck-Koalition sein. Die Parteien der Mitte müssten nach der Bundestagswahl nicht nur eine handlungsfähige und reformbereite Regierung bilden, sondern auch die Menschen von ihrer Politik überzeugen, sagte Schuster dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Parteien der Mitte müssten „endlich die drei drängendsten Probleme angehen“, erläuterte er: „Das sind die Migration, die schwächelnde Wirtschaft sowie die Herausforderungen im Sozialbereich.“ Gelinge dies nicht, habe er große Sorge, dass die AfD noch stärker werde, sagte Schuster.

Laut Schuster ist das „politische Klima insgesamt aus den Fugen geraten“, in allen Bereichen finde sich ein „immer salonfähigerer Antisemitismus und Rassismus“. Man müsse den israelbezogenen Judenhass, die Relativierung und Verunglimpfung der Schoah und den Aufstieg der AfD „gemeinsam betrachten“, um alle Entwicklungen zu fassen. Die Verantwortung für den zunehmenden Antisemitismus aus den verschiedenen Richtungen könne man nicht nur auf die Politik schieben, erläuterte Schuster: „Ich finde, unsere gesamte Gesellschaft hat in diesem Punkt versagt.“ Jahrelang habe eine breite Mehrheit geschwiegen, „wenn die Grenzen des Sagbaren immer weiter verschoben wurden“.

Der in Würzburg lebende Schuster sagte, er wolle angesichts der Entwicklungen nicht resignieren und sich weiter zu Wort melden. Bei seinem Amtsantritt als Zentralrats-Präsident 2014 habe er sich in seinen „schlimmsten Albträumen nicht vorstellen können, dass eine in Teilen als gesichert rechtsextrem geltende Partei“ in Deutschland einen derart großen Zulauf bekomme. Würde die AfD auf Bundesebene in politische Verantwortung kommen, stelle dies jüdisches Leben in Deutschland generell wieder infrage. Israel wäre dann, trotz der Bedrohung durch den palästinensischen Terror aus Sicht der Zentralrats-Präsidenten „der einzig halbwegs sichere Hafen für Jüdinnen und Juden“.

Bei der vorgezogenen Bundestagswahl am Sonntag wurden dem vorläufigen Ergebnis zufolge die Unionsparteien mit 28,5 Prozent der Stimmen stärkste Kraft. Die AfD kam auf 20,8 Prozent. Dem Bundestag gehören außerdem die SPD (16,4 Prozent), die Grünen (11,6 Prozent) und die Linke (8,8 Prozent) an. Alle übrigen Parteien scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung lag bei 82,5 Prozent.