Theologe kritisiert Trumps "dreifache Schuldumkehr"

epd-bild/Matthias Dembski
Kritisiert den US-amerikanischen Präsidenten Trump: der Friedensbeauftragter der Bremischen Evangelischen Kirche, Andreas Hamburg (Foto vom 18.1.2021).
Friedensbeauftragter
Theologe kritisiert Trumps "dreifache Schuldumkehr"
US-Präsident Trump betreibt aus Sicht des Friedensbeauftragten Andreas Hamburg von der Bremischen Evangelischen mit Blick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine eine "dreifache Schuldumkehr". Das löse auch bei Geflüchteten aus der Ukraine Sprachlosigkeit und eine Starre aus. Unerhörtes und Aufregendes einfach zu behaupten ist ein elementarer Teil der Strategie von Trump, wie auch Konrad Ege analysiert.

Pastor Andreas Hamburg sagte dem Evangelischen Pressedienst: "Niemand weiß, wie es weitergeht." Hamburg ist in der Ukraine geboren und seit 2018 Pastor der evangelischen St.-Markus-Gemeinde in Bremen.

Zur Schuldumkehr sagte der Theologe im Vergleich zur biblischen Erzählung vom barmherzigen Samariter, der einem Überfallenen hilft: "Jetzt kehrt der Samariter zurück und fordert von dem überfallenen Verwundeten, den er versorgt hat, das Geld zurück. Außerdem beschuldigt er ihn, die Misere selbst verursacht zu haben. Und schließlich liefert er ihn auch noch den Räubern aus. Das macht mich sprachlos."

Was dem durch den russischen Angriffskrieg traumatisierten Volk in der Ukraine Halt geboten habe, werde nun von Trump infrage gestellt, sagte Hamburg. "Das spielt Putin voll in die Karten, das ist doch krankhaft." Trump hatte am Mittwoch gesagt, der ukrainische Präsident sei ein "Diktator ohne Wahlen". Er wies zudem der Ukraine die Verantwortung für den Krieg zu mit der Formulierung, die Ukraine hätte diesen Krieg niemals zulassen dürfen, sondern einen Deal machen sollen. Trump wiederholte damit bekannte russische Propaganda-Narrative.

Viele Hilfstransporte, wie diese Krankenwagen, Richtung Ukraine organisierte Pastor Andreas Hamburg von der Bremischen Evangelischen (Archivbild).

Er selber lasse sich dadurch nicht entmutigen, sagte Pastor Hamburg, der seit Kriegsbeginn vor drei Jahren aus Bremen viele Hilfstransporte für die Ukraine organisiert hat. "Ich merke, dass ich sehr trotzig bin und nun noch mehr Menschen in die Unterstützung einbeziehen möchte."

Andreas Hamburg ist in der Ukraine geboren und hat als Russlanddeutscher deutsche Wurzeln. Er kam im Alter von 21 Jahren nach Deutschland. Nach einem Theologiestudium war er im Auftrag der bayerischen Landeskirche zehn Jahre Auslandspfarrer in Charkiw und Odessa für die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche der Ukraine, bevor er nach Bremen kam.

Wie Trump Medien und Gegner vor sich hertreibt

Der wiedergewählte Donald Trump versetzt nicht nur die Welt und seine Gegner, sondern auch die Medien gezielt in Schockstarre. Direkte Drohungen des US-Präsidenten gegen einzelne Journalisten und Klagen sind an der Tagesordnung. Das hat Kalkül und gehört zu Trumps Schock-Strategie, wie Konrad Ege (epd) analysiert: 

Donald Trumps "Shock and Awe"-Politikstil, der Kritikern mit Dekreten im Rekordtempo den Boden unter den Füßen wegzieht und die Opposition lähmen soll, hat in den ersten Amtswochen des wiedergewählten US-Präsidenten auch die Medien gepackt. Mit Fox News und den sozialen Medien im Rücken weiß das Team um Trump, wie man die Branche vor sich hertreibt. Redaktionen werden überwältigt mit Aufregern und Dekreten, von einem belächelten Erlass für eine nationale Strategie gegen Papierstrohhalme bis hin zu Verordnungen zum Rückzug aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und zu Massenabschiebungen "Illegaler".

Fehlinformationen überfluten die Landschaft. Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, nannte die Verteilung von Kondomen im Wert von 50 Millionen Dollar im Gaza-Streifen als Beweis für Korruption bei der Entwicklungsbehörde USAID, der inzwischen die Auflösung droht. Und Trump behauptete, USAID habe "Fake News"-Medien Geld gegeben für positive Artikel über die Demokraten.

Unerhörtes und Aufregendes behaupten, dass der Journalismus kaum mitkommt

Sichtbare Solidarität der Medienunternehmen untereinander bleibt in dieser Gemengelage meist aus. Etwa, wenn Reporter der Associated Press (AP) vom Oval Office ausgeschlossen werden, weil die Nachrichtenagentur den Golf von Mexiko nicht "Golf von Amerika" nennt. Der rechtspopulistische Berater Steve Bannon, der in Trumps erster Amtszeit zeitweise als Chefstratege im Weißen Haus arbeitete, gilt als Urheber der Aussage, man müsse "die Zone überfluten" ("all we have to do is flood the zone"):. Politiker sollten so viel Unerhörtes und Aufregendes in die Welt setzen, dass der Journalismus nicht mitkommt. In einem Interview mit der Plattform "semafor.com" äußerte sich Bannon Anfang Februar zufrieden. "Es hat funktioniert", sagte er. "Die Medien sind in einer vollständigen, totalen Kernschmelze."

Trump wird in der medialen Berichterstattung kaum zur Rechenschaft gezogen. Als tragendes Thema galt im Wahlkampf der Unmut über die steigenden Lebensmittelpreise. "Beginnend am Tag eins werden wir die Inflation stoppen", versprach Trump. Das ist nicht passiert. Die "New York Times" erläuterte nun, Trump habe seinen Ton zum Thema Inflation "gemäßigt". Und Vizepräsident J.D. Vance darf beim TV-Sender CBS beschwichtigen, Rom sei auch nicht an einem Tag erbaut worden.

Direkte Drohungen gegen Journalisten

Mitunter droht Trump Journalisten direkt. Der "Washington Post"-Kolumnist Eugene Robinson müsse "umgehend entlassen" werden, forderte er auf seiner Plattform Truth Social. Robinson hatte kritisch über Trump und Musk berichtet. Auch Klagen gehören zu Trumps Repertoire: Von CBS verlangt er 20 Milliarden Dollar Schadenersatz, weil die Sendung "60 Minutes" während des Wahlkampfs ein Interview mit der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris so geschnitten habe, dass sie in einem positiveren Licht erscheine. Der Facebook-Konzern Meta und der TV-Sender ABC brachten Trump bereits erfolgreich mit Geldzahlungen dazu, Klagen beizulegen.

Der von Trump ernannte Chef der Kommunikationsbehörde FCC, Brendan Carr, setzt das nicht-kommerzielle Hörfunknetzwerk NPR unter Druck, über das sich republikanische Politiker seit Jahren beschweren. Die Sender werden mit Spenden, Regierungsgeldern und Sponsoring von Unternehmen finanziert. Carr ist gegen staatliche Finanzhilfen und will mögliche Gesetzesverstöße prüfen. Zudem lehnt er eine im Kongress diskutierte Finanzierung von NPR und dem nicht-kommerziellen TV-Netzwerk PBS aus Steuergeldern ab.

Auch bei der "Washington Post" halten die Konflikte an. Medienberichten zufolge stornierte die Hauptstadtzeitung eine für die dritte Februarwoche von zwei Bürgerrechtsverbänden bestellte und als Mantelumleger geplante Werbeanzeige gegen Tech-Milliardär und Trump-Intimus Elon Musk. Die "Post" habe die Entscheidung nicht begründet, so der betroffene Bürgerrechtsverband "Common Cause" auf seiner Webseite. Vor wenigen Wochen erst hatte die "Washington Post" eine Karikatur über ihren Eigner, den Amazon-Gründer Jeff Bezos, nicht gedruckt. Zeichnerin Ann Telnaes reichte ihre Kündigung ein.