Berlin (epd). Lyudmyla Mlosch ist Vorsitzende des Zentralverbandes der Ukrainer in Deutschland mit Sitz in Berlin. Dieser kümmert sich seit 2007 um den Erhalt der Identität unter den hier lebenden Ukrainern. Doch seit dem russischen Überfall habe sich die Arbeit des Vereins radikal verändert, sagte die Modedesignerin, die seit Jahrzehnten in Deutschland lebt, dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Eigentlich ist nichts mehr so, wie es vorher war.“
Mlosch beschrieb ein Leben zwischen Hoffen und Bangen, das viele ihrer eine Million Landsleute hier führten. „Viele Deutsche haben uns die Hand gereicht“, berichtete sie. Sie verstünden, welche Schicksale die Flüchtlinge hinter sich hätten. „Und wir sehen auch, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger für uns interessieren, selbst aktiv werden und schauen, wo sie helfen können.“
Ihren Worten zufolge bekommen die Ukrainer mit, was aktuell im Wahlkampf zur künftigen Migrationspolitik diskutiert wird. „Da gibt es schon die Sorge bei vielen Flüchtlingen, ob sie nicht doch das Land bald unter Druck verlassen müssen. Ich sage dann immer, dass diese Diskussion uns nicht betrifft“, sagte die Vereinsvorsitzende. „Die Aufenthaltsgenehmigung für die Flüchtlinge aus der Ukraine wurde zumindest bis März 2026 verlängert wurde. Das gibt Sicherheit.“
Die Vereinsarbeit habe sich seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor drei Jahren radikal verändert: „Unsere Angebote haben wir mehrfach erweitert.“ Mlosch nannte die Kinderbetreuung und psychologische Hilfen für traumatisierte Personen. „Vor allem kümmern wir uns um die Integration, helfen beim Absolvieren von Sprachkursen und bei Anträgen bei den Behörden. Wir versuchen auch, dass die Landsleute Wohnungen finden.“ Ein weiterer Bereich der Arbeit sei, Kriegsverletzten zu helfen, bei der Behandlung, aber auch bei der Rehabilitation und die Rückkehr ins Leben.
Viele Flüchtlinge wollten sich integrieren, so Mlosch. „Doch es ist keineswegs immer leicht, hier zu leben, in der Fremde. Vor allem ältere Menschen tun sich schwer und quälen sich mit der deutschen Sprache.“ Sie merkten, dass es auch hier in Deutschland kein Leben ohne Probleme gibt. „Auch deshalb bin ich sicher, dass nach Kriegsende 80 Prozent meiner Landsleute wieder zurück in ihre Heimat gehen werden.“
Der Krieg habe bereits viele Familien zerstört. Die Männer seien gefallen oder schwer verletzt worden, seien dauerhaft behindert. „Viele Frauen sind geschieden, weil sie diese Belastungen, die Trennung und die Ungewissheit nicht ausgehalten haben. Und ich weiß auch von der Verzweiflung vieler Frauen, ob mit oder ohne Kinder, die nicht wissen, wie es weitergehen soll, hier oder in der Ukraine“, so die Vereinsvorsitzende: „Viele haben keine Zukunft hier, in der Ukraine aber auch nicht.“