Gute Werke tun und das Seelenheil retten

Drei Menschen halten die Nummer 800 hoch
Spitalstiftung Konstanz
Seit 800 Jahren steht die Spitalstiftung Konstanz für soziale Verantwortung. Ursprünglich als Armenhospital gegründet, hat sie sich stetig neu erfunden, um auf die Herausforderungen der jeweiligen Zeit zu reagieren.
Eigenes Spital in Konstanz
Gute Werke tun und das Seelenheil retten
Es gilt als eines der ältesten in ganz Deutschland: Vor 800 Jahren gründeten Bürger in Konstanz ihr eigenes Spital. Es besteht bis heute und betreibt Krankenhäuser, Altersheime - und sogar einen Winzerkeller.

Die Gründung eines Krankenhauses war im Mittelalter deutlich einfacher als heute. Vor acht Jahrhunderten setzten sich vermögende Konstanzer zusammen und gründeten ihr eigenes Spital. Die Kaufleute, die als Stifter auftraten, hoben ihr Krankenhaus unabhängig von der Kirche aus der Taufe. Was im Jahr 1225 erstmals beurkundet wurde, war und ist bis heute eine reine Bürgerstiftung, über welche die Bürger bestimmten und bis heute der Gemeinderat entscheidet.
Konstanz diente damals als Vorbild für andere.

Das neue Spital war das erste, das auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg gegründet wurde - älter als etwa Überlingen und Rottweil. Nur reiche Städte konnten sich das leisten, nur Städte, deren bürgerliche Oberschicht so viel Vermögen auf der hohen Kante hatte, dass diese sich Wohltätigkeit leisten konnte. Bei näherem Hinsehen war es ein versuchtes Geschäft auf Gegenseitigkeit: Vermögende Bürger setzten sich für das Gemeinwohl ein - im Gegenzug erhofften sie sich den Aufschub von Höllenstrafen und ein gnädiges Urteil vor dem letzten Richter.

Der Stadtarchivar Jürgen Klöckler erklärt dazu auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd): "Die damaligen Menschen waren erfüllt von ständiger Todesangst, vor allem vor dem plötzlichen, unvorbereiteten Tod. Werke der Barmherzigkeit, wozu auch die Gründung eines Spitals zählte, dienten somit auch der Jenseitsvorbereitung." Dieser sehr irdische Handel ließ das Spital schnell wachsen: Immer wieder schenkten Bürger oder Patrizier ihr Ackerland, ihre Reben oder Stadthäuser, um das Spital gut auszurüsten.

Seinen ersten Sitz hatte diese bürgerliche Sozialeinrichtung unmittelbar am Ufer - damals noch feuchter Grund, heute die Fußgängerzone. Das mittelalterliche Gebäude ist noch erhalten, auch wenn das Spital längst ausgezogen ist und einen modernen Funktionsbau am Stadtrand bezogen hat. Pointe am Rande: In der ehemaligen Anstaltskapelle zum Heiligen Geist befindet sich aktuell das Wartezimmer eines Urologen. Die Spitalstiftung hat ihren Besitz weitgehend in die heutige Zeit bringen können. Sie zählt damit zu den beständigsten Institutionen der Stadt, was auch mit ihrer Aufgabe zu tun hat: Fürsorge und Gesundheit sind ein Thema, das jede Generation aufs Neue benötigt und dafür die Mittel bereitstellt.

Seinen Bischof hat Konstanz längst abgeben müssen, das war 1821. Ihr Spital konnte die Stadt mit aktuell 78.000 Einwohnern halten und immer wieder der Zeit anpassen. Fünf Altersheime betreibt die Spitalstiftung heute. Dazu kommt das städtische Krankenhaus, das inzwischen in einen Verbund auf Kreisebene eingebracht ist.  Zum Geschäft gehören auch eine Tagespflege, ein ambulanter Pflegedienst sowie neue Formen des Wohnens für Senioren, die einer WG ähneln. "Unser Markenkern ist nach wie vor die Fürsorge", sagt Sabine Schilling, Pressesprecherin der Spitalstiftung. Da die Stiftung auch Eigentümerin von 460 Wohnungen im Stadtgebiet ist, steht die alte Einrichtung finanziell stabil da. 

Durch kuriose Umstände kamen auch schöne Weinberge in den Besitz des Spitals. Es gibt die legendarische Überlieferung vom Fräulein Wendelgard - einer alleinstehenden und reichen Frau, die in der Nähe von Meersburg lebte. Ihr umfangreiches Rebland vermachte sie jedoch nicht ihren Mitbürgern, sondern dem Konstanzer Spital auf der anderen Seeseite. Bis heute ist der Spitalwein ein wichtiger Teil im Portfolio dieser sozialen Einrichtung. Der Betrieb ist nach eigenen Angaben Deutschlands älteste noch existierende Stiftungskellerei. Früher hatte der Wein auch eine therapeutische Bedeutung: Kranke erhielten den einen oder anderen Schoppen Rotwein, um sie wieder auf die Beine zu bringen.