So unterstützen Sie Blinde in der Gemeinde

Betende in der katholischen Jesuitenkirche St. Michael in der Münchener Innenstadt.
epd-bild / Jens Schulze
Die Unterstützung von Blinden in der Gemeinde - 25 Tipps (Symbolbild).
25 Tipps
So unterstützen Sie Blinde in der Gemeinde
Viele Sehende wissen nicht, was im Kontakt mit blinden Menschen zu beachten ist. Wir liefern praktische Tipps für die Gemeindearbeit und den Alltag.

     Auf Blinde zugehen, Ansprache und Begleitung

  1. Haben Sie keine Hemmungen, blinde oder sehbehinderte Menschen anzusprechen. Grüßen Sie aktiv, da Betroffene oft nicht auf Blickkontakt oder Zuwinken reagieren können. Bieten Sie Hilfe an, wenn Sie denken, dass diese nötig sein könnte.
  2. Helfen Sie auf keinen Fall wild drauf los. Fragen Sie immer, ob und wie Sie helfen können. Und: Seien Sie nicht gekränkt, wenn jemand ihre Hilfe ablehnt. Blinde Menschen sind sehr unterschiedlich, etwa in ihrer Mobilität. Die eine freut sich über die Hilfe, der andere möchte und kann es allein schaffen.
  3. Verstummen sie nicht, wenn Sie im Gespräch sind und blinden Menschen auf der Straße begegnen. Geräusche von außen helfen Betroffenen dabei, sich zu orientieren. 
  4. Nennen Sie Ihren Namen, wenn Sie eine blinde oder sehbehinderte Person ansprechen – Sie selbst erkennen Menschen auch nicht immer an der Stimme. Melden Sie sich ab, wenn Sie gehen, sei es auch nur für einen kurzen Moment. Auf keinen Fall sollten Sie einfach wortlos verschwinden.
  5. Wenn Sie eine blinde Person begleiten, bieten Sie ihren Arm an und fragen Sie, ob Sie sich bei Ihnen einhaken möchte. Dabei greift die Person Ihren Arm oberhalb des Ellbogens. Fragen Sie, auf welcher Seite sie gern laufen möchte. Packen Sie die Person nicht einfach selbst am Arm, gehen Sie nicht vorneweg und schieben Sie sie nicht vor sich her.
  6. Sagen Sie Treppenstufen, Türen und enge Stellen etwa zwei Schritte im Voraus an. Bleiben Sie vor Hindernissen gegebenenfalls kurz stehen.
  7. Wenn Sie einer blinden Person einen Mantel oder Gepäck abnehmen, lassen Sie diese nicht einfach verschwinden. Das Wiederfinden kann häufig schwierig sein. Sagen Sie, wo Sie die Sachen ablegen, etwa "am ersten Haken links neben der Tür". 
  8. Wenn Sie jemanden die Umgebung oder den Weg beschreiben, verzichten Sie auf Formulierungen wie "da" oder "dort drüben". Stellen Sie sich vor, Sie würden am Telefon davon erzählen. Wenn Sie einen Raum betreten sagen Sie, wer dort noch alles anwesend ist und vermitteln sie gegebenenfalls Gesprächspartner.
  9. Haben Sie keine Hemmungen, das Wort "sehen" zu benutzen, etwa im Satz "Wir sehen uns." Auch blinde und sehbehinderte Menschen benutzen diese Formulierungen ganz selbstverständlich.
  10. Reduzieren Sie eine blinde Person nicht auf ihre Behinderung. Wenn Sie wissen möchten, warum jemand blind ist, fragen Sie nach. Verzichten Sie darauf, die Person aufgrund ihrer Behinderung zu bemitleiden und sprechen Sie auch über andere Themen. 
  11. Wenn eine blinde Person mit einer Begleitung unterwegs ist, reden Sie nicht mit der Begleitung stellvertretend für die blinde Person. Sprechen Sie die betreffende Person immer direkt an. 
  12. Sollten Sie Menschen mit einem Blindenhund begegnen, fangen Sie nicht an den Hund zu streicheln oder mit ihm zu spielen, wenn dieser sein Geschirr trägt. In diesen Momenten ist der Hund bei der Arbeit und darf nicht abgelenkt werden. Heißen Sie Blindenhunde in ihrer Gemeinde willkommen.
  13. An vielen Orten, zum Beispiel an Bahnhöfen oder Ampeln, gibt es am Boden taktile Leitstreifen für blinde und sehbehinderte Menschen. Achten Sie darauf, dass sie diese gerillten oder genoppten Bodenplatten nicht blockieren. Einen Leitfaden zur Begleitung von blinden und sehbehinderten Menschen hat der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. online veröffentlicht.

    Blinde und Sehbehinderte in der Gemeinde: Teilnahme und Teilhabe bei Veranstaltungen
     
  14. Bieten Sie bei Gottesdiensten oder anderen Veranstaltungen in der Gemeinde einen Abhol- oder Fahrdienst an. Bedenken Sie, dass dieses Angebot nicht nur Menschen mit Seheinschränkungen, sondern auch anderen mobilitätseingeschränkten Menschen zugutekommt.
  15. Stellen Sie Assistenzpersonal bereit, etwa mit Ehrenamtlichen aus der Gemeinde oder Konfirmand*innen, die blinden oder sehbehinderten Menschen helfen und sie zu ihrem Platz bringen.
  16. Wenn Sie jemanden einen Platz angeboten haben, lassen Sie die Person dort nicht einfach allein sitzen. Fragen Sie, ob Sie weitere Hilfe braucht, zum Beispiel auf dem Weg zum Abendmahl oder nach Abschluss des Gottesdienstes und kommen dann wieder.
  17. Schaffen Sie zumindest in geringer Auflage Gesangbücher in Großdruck beziehungsweise Punktschrift an. Diese lassen sich über den Dachverband der evangelischen Blinden- und evangelischen Sehbehindertenseelsorge (DeBeSS) bestellen
  18. Sprechen Sie im Gottesdienst mehrere Sinne an. Zusätzlich zu einer Handbewegung können Sie ansagen, wann die Gemeinde aufstehen soll. Auch bei den Liedern ist es hilfreich, zur Liednummer auch die erste Liedzeile zu nennen. 
  19. Achten Sie auf die Barrierefreiheit im Gottesdienstraum oder im Gemeindehaus. Kennzeichnen Sie zum Beispiel Stufen gut sichtbar mit einem Farbstreifen und sorgen Sie für eine ausreichende Beleuchtung. Achten Sie darauf, dass keine Hindernisse oder Stolperfallen im Weg stehen.
  20. Gerade im Alter nehmen Augenerkrankungen zu. Für viele Menschen ist es mit Scham verbunden, wenn das eigene Sehen plötzlich schlechter wird. Manche ziehen sich dann zurück. Lassen Sie Betroffene nicht alleine und ermutigen ie zur aktiven Mitarbeit in der Gemeinde. Weisen Sie auf Angebote und Veranstaltungen hin.

    Abendmahl für blinde und sehbehinderte Menschen
     
  21. Wenn Sie einen Abendmahlsgottesdienst feiern, bedenken Sie, dass der liturgische Ablauf je nach Gemeinde verschieden. Erklären Sie den Ablauf im Vorfeld, etwa, ob sich die Gemeinde in einem Halbkreis vor dem Altar versammelt oder ob es Einzel- oder Gemeinschaftskelche gibt.
  22. Wenn eine blinde oder sehbehinderte Person zum Abendmahl kommt, berühren Sie sie leicht am Arm oder an der Schulter. So weiß sie, dass sie an der Reihe ist.
  23. Geben Sie das Brot und den Kelch der betreffenden Person direkt in die Hand. Haben Sie keine Angst vor Berührungen, diese geben der Person Sicherheit.

    Eine Handreichung für die Gemeindearbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen bietet das Zentrum Seelsorge und Beratung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau an. 



        Homepage und Gemeindebrief
  1. Achten Sie bei der Gestaltung des Gemeindebriefes darauf, dass dieser übersichtlich gestaltet und auch für Menschen mit schlechten Augen gut lesbar ist. Auch ältere Menschen werden für eine nicht zu kleine Schrift dankbar sein. Bieten Sie den Gemeindebrief zusätzlich online als barrierefreie pdf-Datei an. Umfangreiche Tipps zur Gestaltung, den richtigen Schriftarten und InDesign-Vorlagen hat das Amt für Gemeindedienst der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern bereitgestellt. 
  2. Auch die Homepage ihrer Gemeinde sollte barrierefrei zugänglich sein, sodass Informationen dort von Menschen erfasst werden können, die mit einer Braillezeile oder einer Sprachausgabe arbeiten. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, das am 28.06.2025 in Kraft tritt, bezieht sich zudem auch auf kirchliche Angebote. Wie Barrierefreiheit im Internet aussieht und was zu beachten ist, darüber informiert die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hier