Berlin (epd). Eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts bleibt unter Sachverständigen umstritten. In einer Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags erhielt am Montag ein Gesetzentwurf, der Schwangerschaftsabbrüche in der Frühphase nicht mehr unter Strafe stellen will, Zustimmung und Widerspruch. Ob es noch zur Abstimmung über den Gesetzentwurf kommt, ist offen. Am Dienstag tagt das Plenum des Bundestags absehbar letztmals in dieser Wahlperiode.
Der Gruppenantrag von Abgeordneten aus den Reihen von SPD, Grünen und der Linken sieht vor, dass Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche nicht mehr im Strafrechtsparagrafen 218 geregelt werden, also grundsätzlich erlaubt sind. Die Beratungspflicht für Frauen soll beibehalten, die Wartezeit von drei Tagen zwischen Beratung und Abbruch aber gestrichen werden. Die Kosten sollen künftig die Krankenkassen übernehmen.
Begrüßt wurde der Gesetzentwurf von der Gynäkologin Alicia Baier. Er schaffe die notwendige Voraussetzung für eine unverzügliche und umfassende Verbesserung der medizinischen Versorgung von ungewollt Schwangeren, argumentierte sie in ihrer zuvor schriftlich eingereichten Stellungnahme. Zudem begrüßte sie, dass bei einer Kostenübernahme ein sozial gerechter Zugang ermöglicht würde.
Ähnlich argumentierte auch die Gesundheitswissenschaftlerin Rona Torenz, die im Rahmen der „Elsa“-Studie die Versorgungslage ungewollt schwangerer Frauen untersucht hatte. Die Daten zeigten, dass etwa jede fünfte Person, die eine Schwangerschaft in Deutschland abbricht, Schwierigkeiten habe, für die Kosten rund um den Schwangerschaftsabbruch aufzukommen, heißt es in ihrer Stellungnahme. Beide Expertinnen wurden von der SPD benannt.
Der von der Union benannte Berliner Gynäkologe Matthias David bestritt Versorgungsmängel. „Die Versorgungslage mit Schwangerschaftsabbrüchen ist nicht prekär“, heißt es in seiner Stellungnahme. Der ebenfalls von CDU und CSU zur Anhörung geladene Rechtswissenschaftler Gregor Thüsing lehnte den Gesetzentwurf mit Verweis auf frühere Urteile des Bundesverfassungsgerichts ab. Die Reform wäre „klar verfassungswidrig“, schrieb er in seiner Stellungnahme.