"Lichtermeer gegen den Rechtsruck" in Berlin

Christophe Gateau/dpa
Teilnehmer halten bei der Kundgebung "Lichtermeer für den Schutz unserer Demokratie" vor dem Brandenburger Tor Lichter, Transparente und Plakate.
Zehntausende Menschen bei Demo
"Lichtermeer gegen den Rechtsruck" in Berlin
Unzählige Handylichter, Taschenlampen und Kerzen: Mit einem Lichtermeer demonstrierten Zehntausende am Brandenburger Tor in Berlin gegen Rechtsextremismus und Angriffe auf die Demokratie.

Einen Monat vor der Bundestagswahl ist in Berlin mit der Kundgebung "Lichtermeer gegen den Rechtsruck" ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Zusammenhalt gesetzt worden. Mit Parolen wie "Bei Hitlers brennt noch Licht", "Berlin bleibt bunt" und "Wenn die AfD die Antwort ist, wie dumm war dann die Frage" auf mitgebrachten Schildern wurde bei der Kundgebung am Samstag zur Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten aufgerufen. Die Veranstalter sprachen von rund 100.000, die Polizei von "grob geschätzt" 35.000 Teilnehmenden. Zu Beginn wurde mit einer Schweigeminute der Opfer und Angehörigen der Gewalttat von Aschaffenburg gedacht.

Die Vorsitzende der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Anna-Nicole Heinrich, rief bei der Kundgebung dazu auf, sich für Gerechtigkeit und Barmherzigkeit einzusetzen und Demokratiefeinden entschieden entgegenzutreten. Sie betonte, es dürfe nicht geschwiegen werden, wenn Menschen ausgegrenzt, angegriffen oder bedroht werden. Wenn die Demokratie attackiert werde, müsse Widerstand geleistet werden.

Heinrich forderte die Verantwortlichen in der Politik dazu auf, im Wahlkampf nicht auf Hass und Hetze zu setzen, bei der Wahrheit zu bleiben und keine Fakten zu verdrehen. Wer Anstand habe, mache keine gemeinsame Sache mit Rechtsextremen, sondern halte Abstand, "und zwar den größtmöglichen", betonte sie. Die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer rief dazu auf, gegen Egoismus und für Solidarität einzutreten und Haltung zu zeigen. Antidemokraten müsse gezeigt werden, dass die Brandmauer gegen sie stehe, sagte sie: "Sie wollen Dunkelheit verbreiten, also machen wir das Licht an."

Die Schriftstellerin Carolin Emcke rief dazu auf, das "Vokabular der Würde" zu verteidigen. "Wir müssen uns die Worte zurückholen", sagte sie. Es gebe "keine Hierarchie von Menschen", keine echten und unechten Bürgerinnen und Bürger oder Normale und Nicht-Normale. "Das ist faschistischer Sprech", sagte Emcke: "Wir sind die normalen Leute."

Zu der Kundgebung hatten "Fridays for Future", die Initiative "Eltern gegen Rechts" und die Kampagnen-Organisation Campact aufgerufen. Angekündigt waren rund 10.000 Teilnehmende. Im Aufruf hieß es, Demokratie und Gesellschaft dürften nicht den Rechtsextremen und dem Hass überlassen werden. Die Brandmauer gegen die AfD müsse halten. Alle demokratischen Parteien müssten jede Kooperation mit Rechtsextremen ausschließen. Die künftige Bundesregierung müsse sich zudem dafür einsetzen, "dass die großen Social Media-Plattformen Hass und Lügen nicht länger verbreiten dürfen oder sie sonst abschalten".

Erforderlich seien auch massive, sozial gerechte Investitionen in die ökologische Transformation des Landes, hieß es weiter im Aufruf. Der Kampf gegen die Klimakrise und für den Erhalt der Lebensgrundlagen drohe derzeit "in faschistisch-fossiler Propaganda unterzugehen". Die Klimakrise beschleunige zugleich die gesellschaftliche Zerrüttung. Genau dies spiele "den Faschisten in die Hände". Die künftige Bundesregierung müsse auch deshalb "für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen einstehen".