Biblische Inhalte gehören auf die Bühne

Balletttänzer bei einer Vorführung des Ballettstücks "Epilog".
dpa/Daniel Bockwoldt
Biblische Stoffe wie die "Matthäus-Passion" von Bach sollten für den Choreografen John Neumeier einen Platz auf der Bühne haben.
Glaube als Ausdruck in Kunst
Biblische Inhalte gehören auf die Bühne
Für den gefeierten Choreografen John Neumeier gehören biblische Inhalte ebenso auf die Bühne wie literarische.

"Der Glaube darf selbstverständlich Ausdruck in der Kunst finden", sagt der Choreograf John Neumeier im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Dresden. Der Mensch habe "eine rationale, eine emotionale und sexuelle Seite, aber auch eine spirituelle". Seine Tanzchoreografien seien auch eine Auseinandersetzung mit dem Glauben, sagt der 85-jährige Neumeier, der unter anderem an der katholischen Jesuiten-Universität im US-amerikanischen Milwaukee studierte.

Der langjährige Hamburger Ballettdirektor choreografierte bisher mehr als 170 Stücke, darunter auch biblische Stoffe wie die "Matthäus-Passion" von Johann Sebastian Bach (1685-1750), Georg Friedrich Händels (1685-1759) "Messias" und das "Requiem" von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791). Zur "Matthäus-Passion" sagt er: "Es war nicht so, dass ich zuerst ein Ballett über das Leiden Christi machen wollte, sondern ich war fasziniert von der Musik Bachs." Darin stecke Tiefe und Spiritualität.

"Tanz ist für mich die menschlichste Kunst", sagt Neumeier, "weil er den Menschen als Instrument benutzt und auch als Sujet." Seinen künstlerischen Stil will Neumeier nicht in einem Wort definieren: "Ich kann nur sagen, es ist zeitgenössischer Tanz." Er sei in klassischem sowie modernem Tanz ausgebildet. "Mein Stil ist so, wie das Sujet es verlangt", betont er: "Ich erfinde eine Sprache, aber die kann ich nicht mit einem Begriff definieren."

Der langjährige Hamburger Ballettdirektor choreografierte bisher mehr als 170 Stücke, darunter auch biblische Stoffe wie die "Matthäus-Passion" von Johann Sebastian Bach.

Jedes Stück habe seine eigene Welt. Er habe kein Formular, wie er einen Stoff umsetze und in eine "sprachlose Kunst" übertrage. "Man muss sich entscheiden, wie werde ich diese Welt sichtbar machen, ohne Worte, um eine gleiche Wirkung zu erzielen wie die literarische Vorlage." Neumeier betont: "Ich muss nach dem Kern fragen und nach dem Ganzen, auch, warum das Stück geschrieben wurde." Egal, in welcher Zeit das Werk spiele, für ihn stehe immer der Mensch im Mittelpunkt.

Der russische Tänzer und Choreograf Vaslav Nijinski (1898-1950), der für seine Grazie und Sprungtechnik international bekannt war, habe ihn sein Leben lang beschäftigt. "Die Faszination für ihn ist immer gleichgeblieben, wogegen das Interesse sogar immer stärker geworden ist", sagt Neumeier. Obwohl Nijinski nur eine vergleichsweise kurze Karriere hatte, sei er "eine Erscheinung" gewesen, "die nicht nur von der Technik her brillant war, er hatte vor allem eine besondere Ausstrahlung". Was dieser als Tänzer auf der Bühne mit seiner Präsenz erreicht habe, fasziniere ihn bis heute, sagt Neumeier.

Aktuell bringt John Neumeier in der Dresdner Semperoper sein Ballett "Nijinski", das im Jahr 2000 erstmals in Hamburg aufgeführt wurde, auf die Bühne. Premiere ist am 24. Januar.