Welchen Nutzen bringt KI der Kirche?

KI-generiertes Bild von einer holographischen Figur die auf einer Kanzel predigt.
epd-bild/gemeinfrei/KI-kreiert mit Hilfe von Midjourney
Eine holographische Figur predigt auf einer Kanzel in einer modernen, hellen, evangelischen Kirche.
Bayerische Landeskirche
Welchen Nutzen bringt KI der Kirche?
Privat hat fast jeder schon einmal irgendein KI-System getestet - bewusst oder unbewusst. Doch welchen Nutzen bringt KI etwa der Kirche? Die bayerischen Protestanten tasten sich an das Thema heran: ergebnisoffen, aber mit Blick auf Datenschutz & Co.

Ein Luther-Avatar, der die Predigt im Sonntagsgottesdienst hält. Ein Chatbot, der Seelsorgegespräche führt. Ein rein digitaler Telefonassistent, der Beschwerden zum Kirchensteuerbescheid entgegennimmt oder gar bearbeitet. Dank Künstlicher Intelligenz (KI) ist inzwischen vieles nicht nur denkbar, sondern möglich. Auch die bayerische evangelische Landeskirche beschäftigt sich mit dem Thema. Bis zum Frühjahr soll eine KI-Strategie fertig sein, die auslotet, was beim Thema KI in der Kirche geht - und was nicht.

Thomas Zeilinger ist Professor für christliche Publizistik in Erlangen und beschäftigt sich als landeskirchlicher Beauftragter für Ethik im Dialog mit Technologie und Naturwissenschaft auch mit dem Thema KI. "Die Kirche tut gut daran, sich neuen Kommunikationstechniken nicht von vorneherein zu verschließen", betont Zeilinger. Das größte Risiko beim durchaus umstrittenen Thema KI sei nicht die Technik, "sondern der Mensch". Es gelte, KI so zu designen und einzusetzen, "dass sie die Menschen nicht ersetzt, sondern unterstützt", sagt Zeilinger.

Markus Bönisch ist Chief Information Officer, kurz CIO, im Münchner Landeskirchenamt. Er ist in der ganzen Landeskirche, bis ins kleinste Pfarramt vor Ort, für die Strategie und Umsetzung der benötigten IT zuständig. Bei ihm laufen die technischen Fäden zusammen, die es für einen KI-Einsatz braucht: "Die Nutzer müssen uns - also meiner Abteilung und mir - sagen, was sie brauchen. Wir versuchen, den technischen Rahmen dafür zu schaffen." Die Frage, was die Kirche inhaltlich mit KI tun will und was nicht, sei "Aufgabe der Nutzenden".

Zwei Sphären beim Thema KI, die sich aber trotzdem regelmäßig berühren und überschneiden. Denn manche Dinge wären zwar spannend, aber mit dem geltenden strengen kirchlichen Datenschutz nicht umsetzbar. Und andere dafür wären machbar, sind aber nicht gefragt. "Die Kommunikation von Mensch zu Mensch, auch über technische Hilfsmittel wie etwa Videokonferenzen, sollte nicht durch die Kommunikation Maschine zu Mensch ersetzt werden", findet Zeilinger: "Die Qualität des persönlichen Zeugnisses, die kann KI nicht ersetzen."

Wo steckt KI dahinter?

Jens Palkowitsch-Kühl ist Referent am Religionspädagogischen Zentrum der Landeskirche in Heilsbronn und an der Uni Würzburg als Dozent tätig. Auch er arbeitet am KI-Strategiepapier mit. Für ihn ist beim KI-Einsatz vor allem Transparenz und Sichtbarkeit wichtig. "Die Menschen müssen wissen, wann sie mit KI zu tun haben", sagt er. Aber auch das muss definiert werden: "Denn was ist, wenn meine Reisekostenabrechnung erst einmal von einer KI bearbeitet würde - interessiert mich das überhaupt, also will oder muss ich das wissen?"

Zeilinger und Palkowitsch-Kühl glauben, dass es vor allem in sensiblen Bereichen wie der Verkündigung, der Seelsorge und auch in den Medien wichtig ist, dass es eine klare KI-Kennzeichnung gibt. Und beide sind davon überzeugt, dass eine "personalisierte Ansprache" durch eine KI - wie man sie heute schon ohne KI-Einsatz von Serienbriefen oder auch personalisierter Werbung kennt - das "neue Normal" sein wird. "Bei alledem muss man sich klarmachen: KI liefert nur eine 'Simulation', keine echte Personalisierung", sagt Zeilinger.

Kirche braucht gute eigene KI-Angebote

Für CIO Bönisch ist das zentrale Ziel beim Thema KI, "dass wir in der Kirche für die Kirche so gute Angebote machen, dass sich niemand an irgendwelchen Drittanbieter-Tools bedient". Solche "Schatten-KI" gelte es auf jeden Fall zu verhindern - denn auch wenn sie vielleicht gut funktioniere, so seien Datenschutz und Sicherheit bei den meisten frei zugänglichen und kostenlosen KI-Systemen nicht gewährleistet: "Das findet ja im offenen Internet statt. Und wenn es kein Geld kostet, bezahlt man mit seinen Daten, die man dort einspeist."

Die Landeskirche setzt daher auf das Microsoft-Universum. Sie will die Microsoft-KI "Copilot" verwenden, die auf einem eigenen "Tenant" läuft, also einem in sich geschlossenen System, auf das nur die Kirche Zugriff hat und niemand sonst. Beim Einkauf von KI, sagt Bönisch, spare man kein Geld: "Zum Nulltarif ist gute, sichere KI nicht zu haben." Es gehe auch gar nicht um Rationalisierung, etwa beim Personal: "Wir haben Personalmangel. Die KI ist da keine Gefahr, sie ist eine Entlastung. Beim richtigen Einsatz ergeben sich Effizienzgewinne."

Neben konkreten Einsatzmöglichkeiten in der Verwaltung, also zum Beispiel bei der Analyse der Finanzen, werden aber auch schon inhaltliche Projekte angedacht, sagt Bönisch: "Ein Problem in der Beratungsarbeit ist beispielsweise, dass unsere Mitarbeitenden oft nicht die Sprache der Klienten können und umgekehrt." Eine Übersetzungs-KI, die in Echtzeit zuhört, versteht und übersetzt, wäre eine große Erleichterung. Das ist dann ein sogenannter Use Case, ein praktischer Anwendungsfall, den Bönisch und sein Team versuchen zu lösen.

Ein wichtiger Punkt beim Thema KI ist immer wieder die Ressourcenfrage - gerade für eine Organisation wie die Landeskirche, die sich im Sinne der Bewahrung der Schöpfung der Klimaneutralität verschrieben hat. "Gute KI und kein Stromverbrauch - das geht nicht zusammen", sagt Bönisch. Man müsse eben dafür sorgen, dass der Strom für die IT möglichst klimaneutral produziert wird: "Und dass man entsprechend gute Server hat, die wenig Strom brauchen." Da sei gerade bei der vorhandenen Technik in der Kirche "Luft nach oben".

Zeilinger und Palkowitsch-Kühl sind zuversichtlich, dass die KI-Strategie im Frühjahr fertig ist. "Unsere Idee ist kein riesiger Maßnahmenkatalog und keine allumfassende Gebrauchsanweisung", betont Zeilinger. "Kurz und knackig" soll es sein, Leitplanken eben, ein Grundsatzpapier. Am Ende soll alles dem Leitgedanken folgen: "KI soll dort eingesetzt werden können, wo die Vorteile die Risiken klar überwiegen", sagt Palkowitsch-Kühl. Aber auch das machen die beiden klar: Können, nicht sollen und schon gar nicht müssen.