Während andere noch ihren Silvesterrausch ausschlafen, sind die Mitglieder der islamischen Ahmadiyya-Gemeinschaft schon putzmunter. Jedes Jahr am 1. Januar hilft die Gemeinschaft, in vielen Städten Deutschlands den Silvestermüll wegzuschaffen. "Wir sehen die Aktion als ein Zeichen der Dankbarkeit", sagt der Mannheimer Imam Adeel Ahmad Shad dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Indem sie ihre Heimat Deutschland sauber hielten, setzten sie ein Zeichen der Solidarität. Die Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) haben deutschlandweit nach eigenen Angaben mehr als 55.000 Mitglieder. Theologe Shad erzählt, dass zahlreiche Ahmadiyya-Familien sich die Feuerwerke zu Neujahr anschauten. "Dann gehen sie aber schnell ins Bett", so der 39-Jährige.
Denn noch vor der Dämmerung trifft sich die Gemeinschaft wieder zu einem gemeinsamen großen Gebet in der Moschee. Danach wird gefrühstückt und dann geht es an das Aufsammeln von Böller- und Raketenresten. Insbesondere Jugendliche sollen dabei an das ehrenamtliche Engagement herangeführt werden. Die Presseabteilung der AMJ Deutschland erklärt auf epd-Anfrage, dass bundesweit über 200 Gemeinden an der Aktion teilnehmen.
In Baden-Württemberg seien darunter Stuttgart, Freiburg, Reutlingen oder Heidelberg. Deutschlandweit finde die Aktion etwa in Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, Erfurt, Düsseldorf und Bremen statt. Der Neujahrsputz wird laut Shad gemeinsam mit den Städten durchgeführt. "Wir kontaktieren beispielsweise im Dezember die Abfallwirtschaft", so Shad. Von dort bekämen sie auch Müllsäcke und Handschuhe. Da sie die Aktion schon lange machten, sei alles gut eingespielt.
Der Theologe erklärt, dass Sauberkeit im Islam einen hohen Stellenwert hat. "Durch den Neujahrsputz setzen wir die Theorie in die Praxis um", so der Imam. Zudem spiele auch die Wohltätigkeit eine große Rolle in ihrem Glauben. "Wir bieten beispielsweise übers Jahr verteilt auch Obdachlosenspeisungen an und organisieren Seniorenbesuche", so Shad. Weltweit hat die Gemeinschaft Schätzungen zufolge rund zehn Millionen Mitglieder.
Die AMJ versteht sich als Reformgemeinde innerhalb des Islam. Sie wird aber von vielen Sunniten und Schiiten nicht als islamisch anerkannt, in Teilen der islamischen Welt sogar verfolgt. Grund ist, dass ihr Gründer für sich beanspruchte, der von Mohammed prophezeite Messias zu sein. Gegründet wurde die Ahmadiyya-Gemeinschaft 1889 von Mirza Ghulam Ahmad im damals britisch regierten Indien. Die deutsche Sektion entstand im August 1923 und besitzt inzwischen den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Kritiker werfen der Gemeinschaft vor, zu konservativ zu sein. So bekommen Frauen beispielsweise oft nicht die Hand gereicht.