Wahl in Ghana: Die Jugend hat genug von der Wirtschaftskrise

Wahl in Ghana: Die Jugend hat genug von der Wirtschaftskrise
Am Samstag wird in Ghana ein neuer Präsident gewählt. Als Favoriten gelten die Kandidaten der beiden größten Parteien. Doch bei der Jugend punktet ein politischer Neuling - mit einem ungewöhnlichen Wahlkampf.
05.12.2024
epd
Von Helena Kreiensiek (epd)

Accra (epd). Langsam schiebt sich der Lkw über die verstopfte Kreuzung. Mitten im Feierabendverkehr von Ghanas Hauptstadt Accra drängt sich das strahlende Konterfei von John Mahama ins Blickfeld: Die gesamte Seite des überlangen Lasters ist bedeckt vom Gesicht des Politikers. Der 65-Jährige kandidiert bei der Wahl am Samstag für die Oppositionspartei National Democratic Congress (NDC) für das Amt an der Staatsspitze.

Nur wenige Minuten später nimmt eine Gruppe Motorradfahrer hupend und johlend die gleiche Kreuzung im Zentrum der Millionenstadt ein. Die kleinmotorigen Maschinen sind mit Wimpeln der Regierungspartei New Patriotic Party (NPP) geschmückt: „Wählt Mahamudu Bawumia, wählt NPP“ rufen die Motorradfahrer in das Hupkonzert. Insgesamt zwölf Politiker kandidieren für das Präsidentenamt - doch vor allem die Fahnen und Farben der beiden größten politischen Parteien dominieren in diesen Tagen das Stadtbild in Accra.

Die Wahl gilt als heiß umkämpft. Rund 18,8 Millionen Menschen sind dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben, außer einem neuen Präsidenten wird auch das Parlament gewählt. In den vergangenen 30 Jahren hat Ghana eine Reihe knapper, aber friedlicher Wahlen hinter sich. Nicht umsonst wird das Land an der Küste Westafrikas gerne als „demokratischer Leuchtturm“ bezeichnet. Dabei konnte sich keine Partei länger als zwei aufeinanderfolgende Wahlzyklen, also acht Jahre, an der Macht halten. „Geht es nach dieser Logik, wäre jetzt der NDC wieder dran“, sagt die Leiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ghana, Anna Wasserfall.

Der oppositionelle NDC-Kandidat Mahama gilt als politisch sehr erfahren. Von 2009 bis 2012 war er Vizepräsident. Nach dem Tod von Präsident Atta Mills 2012 übernahm der 65-Jährige sogar für viereinhalb Jahre das Amt an der Staatsspitze. Unter Mahamas Amtszeit allerdings litt das Land unter anhaltenden Stromausfällen, in der lokalen Twi-Sprache auch als „dumsor“ (Deutsch: aus und an) bezeichnet - was dem Politiker den Spitznamen „Mr. Dumsor“ einbrachte. Nun zieht er mit dem Versprechen in den Wahlkampf, Infrastruktur und Arbeitsplätze zu schaffen.

Demgegenüber steht mit NPP-Kandidat Mahamudu Bawumia ein Konkurrent, der als Vize des amtierenden Präsidenten Nana Akufo-Addo ebenfalls bereits acht Jahre Erfahrung in einem politischen Spitzenamt sammeln konnte. Sollte Bawumia die Wahl für sich entscheiden, würde er als erster muslimischer Präsident in die Geschichte des mehrheitlich christlichen Landes eingehen. Auch der amtierende Vizepräsident wirbt für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, ebenso wie für mehr Digitalisierung und Sicherheit. Sein Slogan „Break the eight“ („Brecht die Acht“) spielt auf die typischen acht Regierungsjahre in Ghana an.

Allerdings wird die Partei mit einer der schwersten Wirtschaftskrisen des Landes in Verbindung gebracht. 2022 musste die Regierung den Bankrott eingestehen, unter anderem aufgrund der enormen Staatsschulden und externer Schocks wie der Corona-Pandemie. In der Folge einigte sich das Land mit dem Internationalen Währungsfonds auf ein Rettungspaket über drei Milliarden US-Dollar und verpflichtete sich zu tiefgreifenden Reformen. Zwar konnte sich die Wirtschaft seither leicht erholen, doch überstanden ist die Krise noch lange nicht.

Beobachter rechnen mit einem knappen Wahlausgang. Sollte im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent erlangen, gibt es drei Wochen später eine Stichwahl. Interessant könnte dann die Rolle von unabhängigen Kandidaten wie Nana Kwame Bediako werden. Der Immobilienmagnat ist ein Neuling auf der politischen Bühne. Mit seiner ungewöhnlichen Wahlkampagne hat der 44-Jährige vor allem die Aufmerksamkeit der Jugend auf sich gezogen. Monatelang verbarg Bediako sein Gesicht hinter einer Maske - im Januar erfolgte dann die Enthüllung: „Ich bin zu euch gekommen, um euch zu erlösen“, sagte Bediako damals auf einer Pressekonferenz.

Neben seiner untypischen Wahlkampagne trifft vor allem sein Ruf als „Selfmade Man“ den Nerv einer Generation, die genug hat von den harten wirtschaftlichen Zeiten der vergangenen Jahre. Ihm könnte die Rolle des Königsmachers zufallen.