TV-Tipp: "Blackout bei Wellmanns"

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2. Dezember, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Blackout bei Wellmanns"
Ein flächendeckender und womöglich mehrere Tage dauernder Stromausfall wäre das letzte, was diesem Land derzeit passieren dürfte. Sie dürfen raten, was dann passiert...

So ein Blackout, prophezeit Thomas Wellmann düster, würde unweigerlich zu Panik und Chaos führen. Der Familienvater ist Elektroingenieur bei einem rheinischen Energieversorger, aber sein Arbeitsplatz ist von einer Künstlichen Intelligenz übernommen worden; klassisches Ingenieurswissen ist in seiner Firma nicht mehr gefragt. Als in Wellmanns Siedlung der Strom ausfällt, erreicht er im Unternehmen bloß zwei unbedarfte junge Informatiker, die nicht mal wissen, was eine Lüsterklemme ist. Immerhin liegt Wellmann mit seiner Ferndiagnose des Vorfalls richtig und kann die beiden telefonisch anleiten, wie sie die entsprechende Schwachstelle überbrücken. Die Eigeninitiative verschafft ihm beim früheren Arbeitgeber jedoch nicht etwa Anerkennung. Er wird zwar in die Zentrale bestellt, doch der erhoffte Vertrag als Honorarkraft entpuppt sich als Unterlassungserklärung, die ihm untersagt, sich noch mal eigenmächtig in interne Vorgänge einzumischen.

Ein analoger Techniker, der zum Opfer der Digitalisierung wird: Das ist natürlich ein Komödienstoff. An der Frage, ob Wotan Wilke Möhring wirklich die richtige Besetzung für diese Rolle ist, werden sich allerdings die Geister scheiden. Als "Tatort"-Kommissar wirkt er zumindest überzeugender, selbst wenn er den braven Wellmann mit seinem korrekten Scheitel und den biederen Klamotten eher als bedauernswerten Typen verkörpert. Damit entspricht er immerhin dem Grundsatz jeder guten Tragikomödie: Die zentrale Figur sollte kein Clown sein. Deshalb ist ein Signal, das die Rolle mit einem Comedy-Stempel versieht, prompt übertrieben: Wellmann drückt sich ständig die Brille auf die Nasenwurzel, obwohl das Gestell kein bisschen runtergerutscht ist. 

Zunächst wirkt das Drehbuch vom vielfach ausgezeichneten Fred Breinersdorfer (zuletzt unter anderem "Honecker und der Pastor") und seiner Ehefrau und Koautorin Katja Röder wie eine Variation des Loriot-Klassikers "Pappa ante portas" (1988): Der freigestellte Wellmann geht Gattin Eva (Jördis Triebel) und den beiden Teenager-Töchtern kräftig auf die Nerven. Durch den Stromausfall erschließt sich ihm immerhin ein neuer Lebenssinn, denn als er der Aufforderung der Bundesregierung folgt, Vorkehrungen für den Ernstfall eines längeren Blackouts zu treffen, begegnet er im Baumarkt einem echten "Prepper": Afghanistan-Veteran Leschke (Hannes Wegener) lebt als Selbstversorger in einem Bunker im Wald. Seine Einkaufsempfehlungen summieren sich, wie Eva schockiert feststellt: Die Rechnung für die Anschaffungen des Gatten beläuft sich auf knapp 7.000 Euro. 

Bis zu diesem Punkt macht "Blackout bei Wellmanns" noch Spaß, selbst wenn gerade die Töchter überzogen und klischeehaft ist sind: Die junge Öko-Aktivistin Jenny (Josefine Keller) ist Veganerin und hält ihrer Familie die entsprechenden Vorträge. Außerdem will sie mit einer Gruppe Gleichgesinnter ein Zeichen setzen, um die Gesellschaft aufzurütteln. Die hedonistische ältere Paula (Daria Wolf) ist das genaue Gegenteil und sorgt regelmäßig für die einzigen wirklich witzigen Momente, wenn sie die familiären Ereignisse kommentiert oder Fotos für die Follower von "Paula Pink" ins Netz stellt und mit sarkastischen Hashtags versieht. 

Im letzten Akt geht dem Film jedoch die Geschichte aus, als Thomas die Familie überredet, ein Wochenende im Wald zu verbringen, um den "Ernstfall" zu proben. Weil sich der ehemalige KSK-Soldat Leschke selbstredend zum Anführer berufen fühlt, kommt sich vor allem Paula alsbald wie die Teilnehmerin eines fragwürdigen RTL-Formats vor: Das Quartett muss sämtliche Errungenschaften der Zivilisation hinter sich lassen; Nahrung ist, was der Wald anbietet. Als sie Leschke überredet, von einem ominösen Pilz zu kosten, wird es endgültig albern.

Die letzte Arbeit von Regisseur Leo Khasin, der das Drehbuch bearbeitet hat, war die Tragikomödie "Das Unwort" (ZDF), eine Satire über Antisemitismus an einer Berliner Schule, die aber weit übers Ziel hinausgeschossen ist, weil der durch seine jüdisch-palästinensische Tragikomödie "Kaddisch für einen Freund" (2012) bekannt gewordene Autor und Regisseur bei den handelnden Personen viel zu dick aufgetragen hat. Mit Thomas und seinen Problemen, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen, werden sich dennoch viele Männer identifizieren können: "Alles, was früher richtig war, ist heute falsch." Für eine Satire hat der Film jedoch entschieden zu wenig Biss und für eine Komödie zu wenig Tempo. Das Ende ist zudem recht kraftlos.