Rund 20 Menschen stehen vor dem rot-weißen Eingangstor des "Strohhalm Regensburg". Um 11 Uhr öffnet der Verein die Pforten der Suppenküche. Ungeduldig unterhalten sich die Wartenden. Eine Frau, lange graue Haare, ist jeden Tag hier. "Das Geld ist knapp", sagt die Rentnerin. Sie schätze es auch, sich hier mit anderen treffen und unterhalten zu können.
Ebenso ergeht es einem älteren Herrn. "Ich bin jeden Tag hier", sagt der 66-Jährige. "Es ist ein schönes Speiselokal mit gemütlicher Atmosphäre, und ich bin dankbar für das Angebot", sagt der frühere Maschinenschlosser. Das "Strohhalm" eigne sich, um neue Kontakte zu knüpfen: "Ich habe hier meine Freundin kennengelernt, ist noch gar nicht so lange her."
Heute ist besonders viel los. "Das liegt daran, dass heute free lunch day ist", erklärt der Vereinsvorsitzende Franz Lindl. "Normalerweise kostet das Angebot pro Person zwei Euro. Montags ist es jedoch immer kostenlos." Bis März dieses Jahres lag der Preis mehr als 20 Jahre lang konstant bei einem Euro. Wieso es nun teurer geworden ist? "Wir haben mehr Zulauf seit Corona und dem Krieg in der Ukraine." Das bestätigen die Gäste.
"Früher war hier deutlich weniger los. Seit die Preise gestiegen sind, wird der Andrang immer größer", sagt ein älterer Herr. Hinzu kämen zahlreiche Ukrainerinnen und Ukrainer, die mittlerweile etwa die Hälfte der Gäste ausmachten. Um kurz nach 11 Uhr öffnen die Ehrenamtlichen die Tore, und die Gäste strömen herein. Der Geruch von Suppe und Brot erfüllt den Raum. "Für zwei Euro bekommen die Gäste Suppe, Hauptgericht und Nachtisch. Außerdem geben wir ihnen am Ende einen Beutel mit Brot, Käse, Wurst und einem Stück Obst mit, damit auch das Abendbrot gesichert ist", erklärt Lindl.
Unter den Gästen des "Strohhalm" seien "viele, die einen Schicksalsschlag hinter sich haben wie Scheidung, Arbeitslosigkeit und Wohnungslosigkeit, von dem sie sich nie richtig erholt haben", erklärt Lindl. Viele hätten keine Möglichkeit gehabt, ausreichend fürs Alter vorzusorgen. Etwa zehn Prozent der Gäste sind laut Lindl obdachlos. "Sie übernachten oft in der NOAH in Regensburg, einer Notunterkunft für Obdachlose. Tagsüber kommen sie dann zu uns." Das Angebot des "Strohhalm" geht über Essen und Trinken hinaus: "Bei uns können die Leute Wäsche waschen und sich duschen. Sie sollen hier ihre Grundbedürfnisse wahrnehmen können."
Dem 64-jährigen Lindl, der mehr als 40 Jahre in der Kreditwirtschaft gearbeitet hat, gefällt seine Arbeit im Verein: "Wir machen den Menschen eine Freude. Wenn man in die Gesichter blickt und sieht, dass sie das Essen genießen, gemeinsam lachen und reden - allein dafür lohnt sich meine Arbeit bereits." Die Kosten des Vereins sind nicht allein durch den Beitrag von zwei Euro pro Person zu stemmen. "Strohhalm" ist auf Spenden angewiesen.
Es fehlt an Geld und Freiwilligen
Das Problem sei, dass die Spendenbereitschaft zurückgehe, so Lindl. "Man muss permanent die Werbetrommel rühren." Nicht nur an Geld fehle es, sondern auch an freiwilligen Helferinnen und Helfern. Aktuell helfen rund 50 Ehrenamtliche aus, viele davon sind selbst bereits in Rente. Lindl wirbt mit Flyern um weitere Mitarbeiter, besonders junge Menschen möchte er ansprechen.
Mit etwa einem Dutzend zusätzlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "können wir wieder ein Nachmittagsprogramm gestalten", sagt Lindl. "Wir wollen Kaffee und Kuchen anbieten, die Leute sollen Karten und Brettspiele spielen können und sich unterhalten." Denn besonders das würde vielen fehlen. Viele Gäste seien einsam. Hier können sie sich unterhalten und Anschluss finden - und um Hilfe fragen, wenn sie welche benötigen.
In Deutschland ist gut jeder Fünfte von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts vom April waren es im vergangenen Jahr 17,7 Millionen Menschen, was 21,2 Prozent der Bevölkerung entspricht. Gegenüber dem Vorjahr blieben die Werte nahezu unverändert. So waren im Jahr 2022 rund 17,5 Millionen Menschen oder 21,1 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.