Urteil: Tarifliche Altersfreizeit auch für Teilzeitbeschäftigte

Urteil: Tarifliche Altersfreizeit auch für Teilzeitbeschäftigte

Erfurt (epd). Eine tarifliche Regelung zur Altersfreizeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem 58. Lebensjahr darf Teilzeitbeschäftigte nach einem Gerichtsurteil grundsätzlich nicht ausschließen. Eine solche tarifliche Regelung verstoße gegen das gesetzliche Benachteiligungsverbot von Teilzeitkräften, bekräftigte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Montag veröffentlichten Urteil seine bisherige Rechtsprechung. (AZ: 9 AZR 296/20)

In dem verhandelten Fall war eine teilzeitbeschäftigte Klägerin vom 1. Oktober bis zum 31. Juli 2022 in einem Unternehmen der feinkeramischen Industrie in Bayern beschäftigt. Der anzuwendende Manteltarifvertrag sah für Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, die Möglichkeit zur eine Altersfreizeit vor. Danach mussten Vollzeitbeschäftigte ab Erreichen der vorgegebenen Altersgrenze wöchentlich zwei Stunden weniger arbeiten. Damit sollte dem „erhöhten Erholungsbedürfnis“ älterer Arbeitnehmer Rechnung getragen werden. Teilzeitbeschäftigte schloss der Tarifvertrag jedoch gänzlich von der Altersfreizeit aus.

Als die Klägerin 2016 selbst 58 Jahre alt wurde, verlangte sie eine anteilige Altersfreizeit entsprechend ihrer Teilzeitbeschäftigung. Weil sie 20 Stunden pro Woche arbeite, stehe ihr eine Altersfreizeit von einer Stunde wöchentlich zu, lautete ihre Begründung.

Sowohl das Landesarbeitsgericht Nürnberg als auch jetzt das BAG gaben der Klägerin recht. Sie habe ab September 2016 bis einschließlich Juli 2022 mit dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch auf Altersfreizeit von einer Stunde pro Woche, urteilte das BAG. Nach den gesetzlichen Regelungen dürften Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitkräften nicht ohne sachlichen Grund benachteiligt werden. Tarifliche Regelungen müssten sich an diesem gesetzlichen Gesetz orientieren, sonst seien sie unwirksam, so das BAG.

Der Europäische Gerichtshof habe bereits klargestellt, dass Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitkräften ungleich behandelt werden, „wenn für Teilzeitbeschäftigte eine höhere individuelle Belastungsgrenze gezogen wird“, so das BAG. Es gebe hier auch keinen Grund für die Annahme, dass nur Vollzeitbeschäftigte ab dem 58. Lebensjahr besonders belastet werden, Teilzeitbeschäftigte aber nicht. Weil das Arbeitsverhältnis der Klägerin geendet habe, habe sie Anspruch auf eine vergütete Altersfreizeit.