Umstrittene Präsidentschaftswahl in Tunesien hat begonnen

Umstrittene Präsidentschaftswahl in Tunesien hat begonnen

Tunis (epd). In Tunesien haben die Wahllokale für die Präsidentschaftswahl geöffnet. Mehr als neun Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. 2019 hatten sich mehr als 56 Prozent der Wahlbeteiligten an der Präsidentschaftswahl beteiligt. Bei den Wahlen zur ersten und zweiten Parlamentskammer 2022 und 2023 waren es jedoch nur noch jeweils rund 11 Prozent. Die Wahllokale schließen um 18h Ortszeit. In den Auslandswahlkreisen hatte die Abstimmung schon am Freitag begonnen.

Neben Amtsinhaber Kais Saied treten noch zwei weitere Bewerber an: der links-nationalistische Zouhair Maghzaoui und der liberale Ayachi Zammel. Beiden werden wenig Chancen zugerechnet. Der Wahlkampf war von mehreren juristischen Auseinandersetzungen überschattet. Kritiker stellen daher die Legitimität der Abstimmung in Frage. Mehrere von der Wahlbehörde ISIE abgelehnte Kandidierende hatten Widerspruch gegen ihre Ablehnung eingereicht, dreien von ihnen gab das zuständige Verwaltungsgericht Recht. Die ISIE, deren Mitglieder vom Präsidenten ernannt werden, weigerte sich jedoch, die drei Kandidaten ins Rennen aufzunehmen. Als Folge verabschiedete das Parlament zehn Tage vor der Wahl eine Gesetzesänderung und entzog dem Gericht die Zuständigkeit für Wahlanliegen, um zu verhindern, dass es die Abstimmung im Nachhinein für ungültig erkläre.

Amtsinhaber Kais Saied war im Oktober 2019 im zweiten Wahlgang mit 73 Prozent der Stimmen demokratisch gewählt worden. Am 25. Juli 2021 rief er in einer rechtlich umstrittenen Entscheidung den Notstand aus. Seitdem hat er nach und nach immer mehr Macht auf sich vereint. 2022 ließ er über eine neue Verfassung abstimmen, die dem Präsidenten wesentlich mehr Befugnisse zugesteht. Unabhängige staatliche Institutionen wurden seitdem zunehmend unter direkte Kontrolle der Regierung gestellt, Dutzende Oppositionelle wegen mutmaßlicher Umsturzpläne festgenommen.