Berlin (epd). Die Evangelischen Akademien in Ostdeutschland haben vor Pauschalurteilen gegenüber jungen Wählern im Osten gewarnt. „Das Wahlverhalten junger Menschen ist weitaus komplexer, als es manche Schlagzeilen nahelegen“, erklärte Friederike Krippner, Direktorin der Evangelischen Akademie zu Berlin, am Mittwoch. Ihr Wahlverhalten zeichne sich im Vergleich zu älteren Jahrgängen vor allem dadurch aus, dass es sprunghafter, durch mehr Experimentierfreudigkeit mit Kleinstparteien, sowie durch weniger ausgeprägte Parteibindungen gekennzeichnet sei.
Dass vor allem über einen vermeintlichen Rechtsruck der jungen Generation diskutiert werde, sende ein falsches Signal, hieß es nach einem Fachgespräch der ostdeutschen Akademie-Direktoren mit Wissenschaftlerinnen, Medienvertretern und Theologen. Der Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt, Christoph Maier, nannte es angesichts des geringen zahlenmäßigen Gewichts von Erstwählerinnen und jungen Erwachsenen bemerkenswert, dass sich die Berichterstattung gerade auf diese Gruppe konzentriert habe.
Krippner hält es für „fatal“, dass an der Demokratiebildung seit Jahren gespart werde: „Vor allem die außerschulische politische Bildung mit ihrem Freiwilligkeitsprinzip ist kein Nice-to-have, sondern eine unumgängliche Investition in die Zukunft dieser Demokratie.“ Ebenfalls dürfe man nicht der Erzählung aufsitzen, der Staat würde seiner Neutralität nicht gerecht werden, wenn er Demokratiebildung in und außerhalb von Schulen fördere. Der Staat dürfe sich nicht hinter „einer missverstandenen Neutralitätsbehauptung“ verstecken.
Im Wahljahr 2024 debattieren die Direktoren der Evangelischen Akademien in Ostdeutschland monatlich in einem Fachgespräch mit Experten über den Umgang mit antidemokratischen gesellschaftlichen Tendenzen.