Bürger möchten Asylunterkunft gestalten

 Ulli Schneeweiß, Beate Heinert, Christine Lindsiepe, Kurt Schindler, Peter Dienst und Jürgen Reitenspies
epd-bild/Jutta Olschewski
Im Föhrenweg 6 wollen die Anwohner Ulli Schneeweiß, Beate Heinert, Christine Lindsiepe, Kurt Schindler, Peter Dienst und Jürgen Reitenspies (v.l.n.r.) die geplante Asylunterkunft selbst betreiben.
Landratsamt in der Kritik
Bürger möchten Asylunterkunft gestalten
Eine Nachbarschaftsgruppe im Altdorfer Ortsteil Röthenbach (Landkreis Nürnberger Land) möchte eine Asylunterkunft in Eigenregie übernehmen. Die Initiative ist unter anderem mit der Belegungszahl einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in dem Wohnviertel nicht einverstanden. Und sie kritisiert, das Landratsamt setze für den Betrieb der Einrichtung vorschnell auf einen Betreiber, der mit der Unterkunft Geld verdienen will. Einer der Sprecher der Gruppe ist der Rummelsberger Diakon und Sozialwissenschaftler Peter Dienst.

epd: Sie sind für den Betrieb der Unterkunft in ihrem kleinen Ort auf ein Bürgerbeteiligungsmodell gekommen. Wieso glauben Sie, dass das die Zukunft ist?

Peter Dienst: Weil ich in meiner beruflichen Praxis erlebe, wie stark die soziale Landschaft unter Druck ist und dass es überall Mangel gibt. Bürger-Konzepte sind keine Erfindung von uns. Ich habe mir das zum Beispiel in Vorarlberg angeschaut, wo Bürgerbeteiligungsmodelle Standard sind. Die Erfahrung dort zeigt, dass man in solchen großen gesellschaftlichen Umbrüchen die Bürger nicht einfach vor vollendete Tatsachen stellen kann, sondern sich stärker darum bemühen muss, die Bürger zu beteiligen.

Ohne Frage ist das schwierig, aber es wird nur so gehen, weil wir nur so die Akzeptanz und sozialen Netzwerke bekommen, die in Zukunft tragfähig sind. Für das, was wir brauchen, gibt es keine Blaupause, aber wir haben Bausteine. Man könnte zum Beispiel eine Sozialgenossenschaft bilden, die eine große Menge an Menschen miteinander tragen kann oder etwas wie das Raiffeisen-Modell. Das ist doch ein viel stabileres Netzwerk, als gegen die Widerstände von Menschen arbeiten zu müssen, die Befürchtungen haben.

Sie sagen, das wird ein stabiles Netzwerk. Aber Sie brauchen doch da Pfeiler, etwa die Diakonie, Caritas und die Ämter, oder nicht?

Dienst: Wir brauchen alle Beteiligten, weil alle daran auch ein Interesse haben. Wir brauchen die Ehrenamtskreise, die Erfahrung haben, genauso wie die Infrastruktur - wie übrigens das Landratsamt oder andere die auch benötigen. Auch sie brauchen Fachleute oder die Expertise, um überhaupt Sprachkurse und was alles notwendig ist, anzubieten.

Die Infrastruktur muss gewährleistet sein und daher geht es ja nur im Netzwerk miteinander. Miteinander heißt, nicht nur Wahlbürger zu sein, sondern Bürger, die auch Verantwortung übernehmen. Viele Menschen zusammen können tragfähige Strukturen machen. Einfacher ist das nicht, aber es muss für die Zukunft geübt werden.

Geht ihr Modell schief, könnten sich Rechtsextremisten, die gegen Flüchtlinge hetzen, die Hände reiben. Ist es nicht riskant, ein Bürgermodell an dem sehr sensiblen Thema Asyl auszuprobieren?

Dienst: Natürlich ist es riskant, aber es ist nun mal das, was uns hier jetzt eint und wo ein Ansatz da ist, an dem Menschen etwas miteinander bewegen wollen. Riskant ist alles. Wenn Sie heute alt werden, ist es auch riskant.