Frankfurt a.M. (epd). Das Schiff „Sea-Eye 4“ hat auf dem Mittelmeer in fünf Einsätzen 231 Menschen gerettet. Nun steuere die Besatzung den Hafen von Genua an, der ihr von den italienischen Behörden zugewiesen worden sei, teilte die Organisation Sea-Eye am Dienstag mit. „Fünf Rettungen in 24 Stunden: Das zeigt, welcher Ausnahmezustand derzeit im Mittelmeer herrscht“, erklärte der Vorsitzende Gorden Isler. Umso wichtiger sei es, dass die privaten Seenotretter vor Ort seien.
Doch das werde durch die Zuweisung weit entfernter Häfen verhindert, kritisierte Isler. „Allein für die Fahrt nach Genua müssen wir sechs Tage An- und Abreise einplanen.“ Für schutzsuchende Menschen könne das tödliche Konsequenzen haben. Auf dem Mittelmeer, das zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit gehört, gibt es keine staatlich organisierte Seenotrettung. Lediglich private Initiativen halten Ausschau nach Flüchtlingen in Not.
Im ersten Einsatz nahm die „Sea-Eye 4“ den Angaben zufolge am Sonntagmittag 46 Menschen aus einem Schlauchboot an Bord, nachdem die Hilfshotline Alarmphone die Crew über den Notfall informiert hatte. Wenige Stunden später erfolgte ein weiterer Notruf, zu dem das Segelschiff „Nadir“ der Initiative Resqship als Erstes gelangt sei. Da die „Nadir“ nicht für die Aufnahme vieler Menschen ausgerüstet ist, übernahm die „Sea-Eye 4“ die 60 Geretteten. In der Nacht holte die Besatzung weitere zehn Menschen aus einem Glasfaserboot an Bord.
Am Montagmorgen brachte die Crew erneut zusammen mit der „Nadir“ 58 weitere Menschen aus einem überfüllten Holzboot, in das bereits Wasser eingedrungen war, auf der „Sea-Eye 4“ in Sicherheit, und im Anschluss 57 Geflüchtete aus einem weiteren Schlauchboot. Diese beim letzten Einsatz Geretteten übernahm demnach die italienische Küstenwache. Die anderen Überlebenden werden voraussichtlich am Donnerstag an Land gehen können, wenn die „Sea-Eye 4“ in Genua eintrifft.
Derweil begleitete die „Nadir“ 30 Menschen in einem Holzboot, dessen Motor versagt hatte. Sie waren von Libyen in Richtung Lampedusa aufgebrochen und wurden in der Nacht von den italienischen Behörden übernommen.
Seit Beginn des Jahres sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration IOM mindestens 1.063 Menschen bei der Überquerung des Mittelmeers ums Leben gekommen oder werden vermisst. Die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher.