Zürich, Buenos Aires (epd). Der argentinische Präsident Javier Milei erhält für ein Jahr umfassende Sonderbefugnisse für die Bereiche Wirtschaft, Energie, Finanzen und öffentliche Verwaltung. Das argentinische Abgeordnetenhaus in Buenos Aires stimmte in der Nacht zum Freitag (Ortszeit) nach einer über 13-stündigen Debatte mit 147 zu 107 Stimmen für ein entsprechendes Gesetzespaket. Die Regierung will Staat und Wirtschaft umkrempeln, um die aktuelle Wirtschaftskrise zu bekämpfen.
Zu den Maßnahmen gehören ein massiver Abbau des staatlichen Sektors, den Milei als „kriminelle Vereinigung“ bezeichnet hat, und Wirtschaftsreformen, die Investitionen ins Land bringen soll. Vor dem Parlament kam es zu Protesten gegen das Gesetz, das nach Ansicht der Gegner Mileis zu einem Ausverkauf des Landes führen wird.
Die Annahme des Gesetzes ist der erste parlamentarische Sieg der im Dezember 2023 angetretenen rechtslibertären Regierung. Bereits im Januar hatte sie das Gesetz ins Parlament eingebracht und war im ersten Anlauf an der Opposition gescheitert. Daraufhin strich sie knapp 400 der ursprünglich 644 Gesetzesartikel und suchte mit Teilen der Opposition im Parlament und gemäßigten Gewerkschaften einen Kompromiss. Besonders umstrittene Privatisierungsvorhaben wurden abgebrochen, und im Bereich der Arbeitsmarktreformen behalten die Gewerkschaften finanzielle Privilegien, die ihre Macht absichern.
Der Gewerkschaftler und oppositionelle Abgeordnete Javier Avila warnte vor den Auswirkungen des Gesetzes und sagte in der Parlamentsdebatte, das Gesetz werde den sozialen Frieden in Argentinien zerstören. Laut Gesetz werden Strafen für illegale Anstellungsverhältnisse aufgehoben und das Blockieren und Besetzen von Produktionsanlagen im Rahmen von Gewerkschaftsprotesten als Grund zur Kündigung anerkannt.